Der Neue

Kommentar

20.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Nun ist Donald Trump wirklich US-Präsident. Die Erde hat nicht gebebt, die Zeit nicht den Atem angehalten. Gut, es hat geregnet in Washington, soweit man das als Zeichen verstehen will.

Aber etwas hat sich an diesem Freitag doch verändert: Donald Trump, der einen guten Teil seines politischen Kapitals daraus geschlagen hat, gerade kein Politiker zu sein, kein Teil des in seiner Wählerschaft verhassten Ostküsten-Establishments, ist nun genau das: der erste Politiker seines Landes.

Ob er die Bürde, die dieses Amt unzweifelhaft bedeutet, bereits spürt, lässt sich noch nicht sagen. Seine Antrittsrede jedenfalls klang noch sehr nach den Versatzstücken aus dem Wahlkampf. Trump gab ein wenig den Sozialrevolutionär, der sich um die Arbeitslosen und Armen des Landes kümmern wird. Immerhin tauchen die Globalisierungsverlierer in seiner Wahrnehmung überhaupt auf. Ob allerdings ausgerechnet er, der Immobilienmilliardär, der Richtige ist, den sozialen Ausgleich in dem riesigen Land zu organisieren, das ist ein großes Fragezeichen. Und ob die schlichte Formel "kauft amerikanisch" - also Handelsprotektionismus - der richtige Weg dazu ist, nicht minder. Ebenso schlicht, ja geradezu naiv, klingt Trumps Beschwörung des amerikanischen Patriotismus, mit dem er offenbar die bis zu völliger Sprachlosigkeit und brutalem Hass reichende politische Spaltung des Landes heilen will.

Das Ausland indes kam in Trumps Antrittsrede praktisch nicht vor. Doch die Interessen Amerikas und seiner Weltkonzerne enden nicht an den Landesgrenzen. Der Präsident wird schnell dazulernen müssen. Ab jetzt reicht es nicht mehr, Politik nur per Twitter zu kommentieren. Trump muss Politik machen. Der Egomane, für den Siegen alles ist, hat sich die Latte ziemlich hoch gelegt. Das Risiko, sie zu reißen, ist groß.