Das Trump-Zeitalter

Kommentar

16.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Je näher der Freitag rückt, an dem Donald Trump offiziell an die Spitze der - immer noch - Weltmacht Nummer eins rückt, desto größer wird die Aufgeregtheit. Als würde die Welt nach dem 20. Januar in ein anderes, potenziell dunkleres, Zeitalter eintreten.

Auch ein Interview, in dem Trump eigentlich herzlich wenig Neues sagt, heizt dann die Sorge weiter an.

Dabei liegt ein Teil der Irritationen einfach in der Art, wie der politische Quereinsteiger spricht: spontan, aus dem Bauch heraus, ohne die glattgebügelten rhetorischen Versatzstücke, die andere Politiker blind beherrschen. Da wird die Nato mal eben für "obsolet" erklärt und BMW mit 35 Prozent Strafzöllen gedroht. Dass Trump wenig später sagt, dass ihm die Nato "sehr wichtig" sei, geht in dem Wortgeklingel schon wieder unter.

Meint es Donald Trump also gar nicht so? Die Frage müsste vielleicht eher lauten, ob er schon so genau weiß, was er meint. Viele Äußerungen des künftigen US-Präsidenten klingen noch sehr provisorisch - und vieles, was seine schillernde Regierungsmannschaft bisher sagt, scheint ihm komplett zu widersprechen.

Was sich dabei jetzt schon abzeichnet, sind eine Konstante und ein Bruch: Donald Trump wird wohl Obamas Politik weiterführen, das Land aus dem "amerikanischen Jahrhundert" herauszuführen. Lag bei Obama der Schwerpunkt noch darauf, die Rolle des Weltpolizisten abzustreifen und die US-Truppen aus Afghanistan und dem Irak heimzuholen, so ist der Ehrgeiz Trumps deutlich geringer: Er kreist im Wesentlichen um die Vereinigten Staaten selbst, die er wieder zu einem "großartigen Land" machen will.

Der Bruch lässt sich an der Interviewpassage mit den Strafzöllen für BMW festmachen. Donald Trump ist ein großer Freund von "guten Deals" - vor allem für ihn selbst. Aber er ist kein Freihandelsanhänger. Genau für diese "America First"-Rhetorik, ist Trump ja gewählt worden.

Das ist nicht zuletzt eine Attacke auf das Wohlstandsmodell des Exportriesen Deutschland. Aber das Phänomen Trump ist auch Ausdruck eines weit über die USA hinaus verbreiteten Zweifels an der segensreichen Wirkung der entfesselten Wirtschaftswelt. Das wurde bei der Brexit-Entscheidung der Briten genauso deutlich wie beim Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP in Deutschland.

Man kann vor diesem Hintergrund nun natürlich über mögliche Handelskriege spekulieren, über einen ernsten Konflikt mit China oder gar das Zerbrechen der transatlantischen Partnerschaft. Aber es wäre sicher nicht verkehrt, erst einmal die Nerven zu behalten und abzuwarten, bis Donald Trump wirklich Politik macht und nicht nur Interviews gibt.