Kommentar: Die Audi-Krise

05.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Die Sorgen der rund 45.000 Audi-Mitarbeiter sind auch nach der Betriebsversammlung nicht kleiner geworden. Audi-Chef Rupert Stadler hat Klartext gesprochen und die Belegschaft auf schwere Zeiten eingeschworen. Wer das Wort "Krise" bis dato noch nicht in den Mund genommen hat, kann nach dem Verlesen der Absatzzahlen in Märkten wie Südkorea, Japan oder Brasilien nichts mehr schönreden.

Die Folge: Es werden Projekte neu bewertet, weil sich die Voraussetzungen auch im Audi-Land um 180 Grad gedreht haben - wie zum Beispiel die berechtigte Verschiebung des IN-Campus-Projekts zeigt. Audi hat im Moment in der Tat drängendere Probleme zu lösen, als die Entwicklung des Technologieparks voranzutreiben.

Stattdessen wird über den Wegfall von Schichten verhandelt und die Belegschaft zu größerer Flexibilität aufgefordert. Man kann das beunruhigend finden - ein Grund zur Panik ist es nicht. Das Management mit Stadler an der Spitze muss nun vielmehr beweisen, dass es das Unternehmen auch in schwierigen Zeiten auf Kurs halten kann. Dabei lauern die Gefahren allerorten. Bisweilen kommen die Zündler sogar aus den eigenen Reihen. So sickerte beispielsweise durch, dass die Konzernmutter VW ein Auge auf die Motorenfertigung im Audi-Werk in Györ geworfen haben soll. Eine Milliarde Euro, so mutmaßen Insider, würden den vier Ringen bei einem Verlust der Produktion in der Bilanz fehlen.

Deshalb ist es im Moment umso wichtiger, dass Stadler das Vertrauen der Belegschaft genießt und gemeinsam mit dem Betriebsrat die Herausforderungen meistert. Seine offenen Worte auf der Versammlung waren ein Schritt in die richtige Richtung.

"Was wir teurer sind im Vergleich zu anderen Standorten weltweit, müssen wir besser sein", hat Stadler dem Vernehmen nach der Belegschaft mit auf den Weg gegeben. Soll heißen: Es werden noch weitere Steine umgedreht. Das ist auch notwendig, denn der Tiefpunkt der Krise scheint noch nicht erreicht.