Ankaras Schnüffler

Kommentar

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Türkische Spione, die im Auftrag von Präsident Recep Tayyip Erdogan hierzulande vermeintliche Gegner und Kritiker bespitzeln - der Verdacht ist nicht neu. Bereits unmittelbar nach dem gescheiterten Putsch in Ankara begann die Jagd auf angebliche Staatsfeinde auch hierzulande.

Selbst Imame spitzelten für die türkische Führung. Der deutsch-islamische Moscheeverband Ditib verstand sich offenbar als langer Arm des Präsidenten Erdogan. Ein solcher Verband kann angesichts dieses Verhaltens nicht länger Partner des deutschen Staates sein.

Das jetzt bekannt werdende Ausmaß der Schnüffelei und die Systematik sind allerdings erschreckend. Wenn der türkische Geheimdienst hierzulande angeblichen Anhängern der Gülen-Bewegung hinterherschnüffelt, und das im großen Stil, ist dies eine nicht hinnehmbare Grenzüberschreitung. Gut, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen hat.

Doch ist die bisherige Zurückhaltung der Karlsruher Ermittler schon bemerkenswert. Nur weil Millionen türkischstämmiger Menschen hier leben, ist die Bundesrepublik keine Außenstelle der Türkei. Wenn hier Hoheitsrechte verletzt, unliebsame Gegner der Führung in Ankara auf deutschem Boden verfolgt und innertürkische Konflikte ausgetragen werden, ist das inakzeptabel und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Neben den Ermittlungen der Justiz gilt es auch, seitens der Bundesregierung klare Signale zu senden. Falsche Rücksichtnahme aus Sorge vor einem Scheitern des Flüchtlingspaktes mit Ankara ist gefährlich und ermutigt Erdogan noch zu weiteren Grenzüberschreitungen. Da ist es gut, dass wenigstens der Bundestagspräsident Klartext spricht und die Dinge beim Namen nennt. Mit dem Verfassungsreferendum könnte die Demokratie am Bosporus vollends beseitigt werden.