Ablenkungsmanöver

Kommentar

30.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr
Zum Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt hat der Deutsche Städtetag an Bund und Länder appelliert, die Kommunen durch schnellere Asylentscheidungen zu entlasten. −Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Ansage der Staatsregierung war deutlich: Flüchtlinge vom Balkan sollen möglichst schnell wieder abgeschoben werden, weil sie kaum Aussicht auf die Gewährung von Asyl haben. Dafür sollten zwei spezielle Lager nahe der österreichischen Grenze geschaffen werden.

Seit gestern wissen wir, dass die Rolle als Abschiebelager der ehemaligen Kaserne in Oberstimm vor den Toren Ingolstadts und zwei weiteren Unterkünften um Ingolstadt zukommen soll. Diese Einrichtungen werden eine Sonderstellung einnehmen. Es wird eine eigene Verwaltung geben, ein besonderes Freizeitprogramm ist geplant und möglicherweise werden die Flüchtlinge Sachleistungen statt Taschengeld bekommen.

Die Frage, die sich da aufdrängt: Ist das alles nötig? Oder ist es nicht politischer Aktivismus, mit dem davon abgelenkt werden soll, dass die Politik in München und in Berlin die Flüchtlingsfrage schlicht unterschätzt hat?

Das Vorhaben der Staatsregierung, Flüchtlinge vom Balkan schneller wieder loszuwerden, mag an Stammtischen Eindruck machen. Am Kernproblem ändert die gesonderte Unterbringung und die beschleunigte Behandlung ihrer Asylanträge aber nichts: Es gibt schlicht zu wenig Personal, das Asylanträge möglichst zügig bearbeiten kann. Jeder Fachmann, der künftig in Oberstimm eingesetzt wird, fehlt andernorts, was zur Folge hat, dass die Anträge der übrigen Bewerber noch langsamer bearbeitet werden. So wird die Zahl der Flüchtlinge, die auf eine Entscheidung warten, nicht abnehmen. Und damit auch nicht die Zahl der Notunterkünfte.

Bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen freiwilligen Helfer, die sich in ihrer Freizeit für die Flüchtlinge engagieren, lange durchhalten. Ohne sie könnte die Bundesrepublik das im Grundgesetz verankerte Recht nicht aufrechterhalten, Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden, Zuflucht zu bieten. Damit würde aber eine der wesentlichen Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft wegbrechen.