München
"Das kann zur Zerreißprobe für die SPD und die Koalition werden"

Meinungen von Demonstranten aus der Region, unter anderem von Eva Bulling-Schröter, Bundestagsabgeordnete der Linken

18.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:18 Uhr

Tierisches Trio: Peter Bernhard (Mitte) und das Ehepaar Lisa und Edgar Munz aus Reichertshofen demonstrierten am Samstag in München gegen TTIP und Ceta und waren dank ihrer Kostüme ein beliebtes Fotomotiv, auch bei asiatischen Touristen. Wetterbedingt auf Plakate verzichtet hatte eine kleine Gruppe aus Ingolstadt, die kurzerhand ihre Schirme mit Slogans wie "TTIP-freies Ingolstadt" bemalt hat. - Fotos: Fehr

München/Ingolstadt (DK) Auch aus der Region haben sich am Samstag verschiedene Gruppen aufgemacht, um in München gegen TTIP und Ceta auf die Straße zu gehen. Zwei Busse mit Demonstranten starteten von Ingolstadt aus. Darin ein tierisches Trio: Peter Bernhard sowie das Ehepaar Lisa und Edgar Munz aus Reichertshofen (Kreis Pfaffenhofen) als Huhn, Schwein und Kuh verkleidet.

Alle drei sind seit Jahrzehnten Umweltaktivisten und beim Bund Naturschutz aktiv. Edgar Munz hat noch Hoffnung, dass Ceta gekippt werden könne. "Der Wackelkandidat ist Herr Gabriel, der am Montag im SPD-Konvent Farbe bekennen muss." Peter Bernhard will seine Meinung erst einmal lieber nicht kundtun, "weil Hühner so ordinär gackern, vor allem über TTIP und Ceta". Dann sagt der unermüdliche Gegner von Agro-Gentechnik aber doch noch etwas, nicht nur über die Freihandelsabkommen. Es sorgt sich um den Ruf Deutschlands und nennt die Skandale der vergangenen Monate, die ein verfälschtes Bild von der Bevölkerung und deren Meinung geben würde: "Deutsche Bank, Diesel-Skandal, die Lügengeschichten der Fußball-WM in Deutschland, und nun auch noch die Fusion des Chemieriesen Bayer mit Monsanto."

Die Arbeitnehmerrechte sehen die Mitglieder des KAB-Diözesanverbandes Eichstätt - die mit Mitgliedern aus verschiedenen Ortsgruppen und der KAB-Kreisvorsitzenden Theresia Geier aus Etting in München waren - bei den geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada gefährdet. "Hier darf es keine Kompromisse geben", sagte die neue KAB-Diözesansekretärin Kristina Heselhaus. Mindeststandards für Arbeitnehmer und Mindeststandards in der Wirtschaft allgemein seien nicht im Sinne der KAB. Aus Eichstätt stammten außerdem rund 40 Demonstranten, die mit Klaus Bittlmayer vom Aktionsbündnis Eichstätt gegen TTIP und Ceta in die Landeshauptstadt gefahren waren. "Tropfnass, aber zufrieden" mit der Resonanz auf den Aufruf verschiedener Gruppierungen und Parteien zur Demo seien sie alle gewesen. Die Stärke des Bündnisses sei die enorme Vielfalt, die "von links bis bürgerlich, von gewerkschaftlich bis christlich" reiche. "Mir ist eine Bürgerbewegung auch immer lieber als eine Parteibewegung", sagte der Eichstätter, der für die Grünen im Stadtrat und im Kreistag sitzt. Wichtig sei ihm, "dass wir uns als Bündnis klar gegen Rechtspopulisten, Rassisten und Faschisten abgrenzen" und meinte damit unter anderem die Positionierung der AFD gegen TTIP. "Wir unterscheiden uns ganz klar von den dummen Rechten", sagte Bittlmayr. "Wir sehen die globale Verantwortung und wollen einen solidarischen und gerechten Handel."

Mit dem Zug reiste auch eine Gruppe der ÖPD Ingolstadt an, vorneweg Franz Hofmair, Stadtrat und Fraktionsvorsitzender in Ingolstadt. Auch er setzt auf einen Stopp der Freihandelsabkommen. Die enorme Teilnehmerzahl an den bundesweiten Demonstrationen ist für Gabi Gabler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ein "klares Signal" für die Notwendigkeit, TTIP und Ceta zu stoppen. Auch für Traudl Haury von der Ingolstädter Ortsgruppe der Deutschen Friedensgesellschaft hatte die Demonstration "großes Hoffnungspotenzial". Sie sei beruhigt und froh, "dass das nicht einfache Thema der Freihandelsabkommen eine solche Breitenwirkung" erfahre.

Die Ingolstädter Bundestagsabgeordnete der Linken, Eva Bulling-Schröter, befürchtet, dass es durch TTIP und Ceta zu ökologischem und sozialem Dumping komme. Sie kritisierte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). "Er hat nur die Interessen der Bosse im Blick." Angesichts der Kritik an der SPD-Basis sieht Bulling-Schröter TTIP und Ceta als "Zerreißprobe für die SPD, aber auch für die Koalition". Am Donnerstag und Freitag müsste die Regierung Farbe bekennen. In zwei von den Grünen und Linken beantragten Debatten im Bundestag.