Manching
Manchinger Airbus-Werk im Aufwind

12.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:33 Uhr

Bernhard Gerwert - Foto: Heimerl

Manching/Ottobrunn (DK) „Ja, Manching könnte sogar wachsen.“ Diese, wenn auch vorsichtige Prognose wagt Bernhard Gerwert, Chef der Airbus Militär- und Raumfahrtsparte, gegenüber dem DONAUKURIER. Auf jeden Fall ist nach dem laufenden Restrukturierungsprogramm die Zeit, in der bei Airbus in Manching die Zeichen auf Arbeitsplatzabbau standen, vorerst vorbei. Hintergrund ist zum einen ein in Aussicht stehender kleiner Auftragsboom im Eurofighter-Geschäft. Außerdem will das Unternehmen in der Sparte „Unbemannte Luftfahrt“, also mit Drohnen, wachsen.

Erst vor zwei Monaten hatte Airbus mitgeteilt, dass das Emirat Kuwait 28 Eurofighter bestellen wolle. Aus der Absichtserklärung sollen nun in den nächsten Tage Fakten werden, indem das Parlament in Kuwait dem Kauf zustimmt. Die Entscheidung gilt als Formsache. Ist der Vertrag unter Dach und Fach, werden von der Airbus-Tochter Premium Aerotec in Augsburg die Rumpfmittelteile des Jets zur Montage nach Manching gebracht. Ausgeliefert werden sollen sie ab 2019 (wir berichteten).

Airbus Defence and Space-Boss Gerwert erwartet, dass das Geschäft am Persischen Golf einen Impuls auslöst und weitere Eurofighter-Bestellungen aus Nachbarländern folgen. Dem Königreich Bahrein liegt laut dem Portal Bloomberg bereits ein Angebot vor, außerdem gebe es Interesse aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ob Saudi Arabien ebenfalls weitere Eurofighter bestellt, sei noch offen. Insgesamt rechnet Gerwert aus der Golfregion bis 2017 mit weiteren Aufträgen für 30 bis 50 Kampfflugzeuge. Ob dies im der Manchinger Airbus-Werk lediglich die Arbeitsplätze weit über 2020 hinaus sichert, oder ob sogar Personal aufgebaut wird, lasse sich aktuell noch nicht sagen.

Die zukünftige Personalsituation hängt auch maßgeblich davon ab, wie es im Drohnen-Geschäft weitergeht. Hier hat Airbus drei Eisen im Feuer. Erstens hatte das Verteidigungsministerium im Oktober angekündigt, dass 2016 der Euro Hawk wieder in Manching abheben könnte. Geplant ist, die vor zweieinhalb Jahren ausgesetzten Tests fortzusetzen, die große Aufklärungsdrohne zur Einsatzreife zu bringen und für die Zulassung und Zertifizierung weiterzuentwickeln.

Der ehemalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte die Euro-Hawk-Entwicklung 2013 wegen Zulassungsproblemen gestoppt. Seit dem steht die Drohne in Manching im Hangar. Ein Jahr danach entschied sich das Verteidigungsministerium, sie für weitere Tests des Aufklärungssystems „Isis“ wieder fliegen zu lassen. Für 2,6 Millionen Euro wurde von Januar bis Mai 2015 zunächst geprüft, ob der „Euro Hawk“ überhaupt noch fliegen kann. Um ihn wieder für den Flugbetrieb fit zu machen, würden weitere 32,7 Millionen Euro fällig. Der Testbetrieb könnte laut Airbus im Frühjahr beginnen und ein bis drei Jahre dauern. Die Kosten dafür werden, wie berichtet, nach Schätzung des Ministeriums bei bis zu 160 Millionen Euro liegen, die Gesamtkosten lägen dann bei etwa 195 Millionen Euro. Die Bundeswehr solle anschließend vier bis fünf weiterentwickelte Euro Hawks erhalten, die dann Triton heißen.

Bei Airbus ist man zuversichtlich, dass die Zertifizierung diesmal gelingt. 2013 sei eine fehlende oder nicht ausreichende Dokumentation des bei der Firma Northrop Grumman in Kalifornien produzierten Grundträgers Global Hawk Anlass für den Stopp gewesen. Dieser Grundträger sei jedoch inzwischen weiterentwickelt und präzise dokumentiert worden. Ein Airbus-Sprecher sagte: „Das Problem ist behoben, man hat durch den vorübergehenden Programmstopp nur leider einige Jahre verloren.“

Das zweite Drohnenprojekt, das der Manchinger Airbus-Belegschaft Arbeit beschert, ist die Entwicklung der europäischen Drohne mit dem Arbeitsnamen „Male 2020“. Male steht für Medium Altitude Long Endurance, zu deutsch „mittlere Höhe lange (Aus)Dauer/Reichweite“. Die Verteidigungsminister von Deutschland, Frankreich und Italien hatten im Mai in Brüssel eine Absichtserklärung zur Durchführung einer Definitionsstudie für die europäische Drohne unterzeichnet. Im Unterschied zum Euro Hawk, der quasi blind ist und nur „hören“, sprich ausschließlich elektromagnetische Impulse erkennen kann, ist Male 2020 in der Lage zu sehen, verfügt also über Kamera und Radar für die Aufklärung. Außerdem kann Male 2020 bewaffnet werden. Erst gemeinsam würden die von den beiden Drohnen erfassten Daten für militärische Führer ein optimales Lagebild liefern, so ein Airbus-Sprecher.

Momentan befindet sich Male 2020 in der Designphase. Werden die Verträge für die Umsetzung wie geplant bis Ende des Jahres unterzeichnet, soll, laut Airbus Defence and Space, spätestens 2017 die Entwicklung beginnen. Die Kompetenz dafür haben die Mitarbeiter in Manching.

Weil es grundsätzlich darum geht, den Markt für die Entwicklung unbemannter Fluggeräte nicht den aktuellen Marktführern Israel und Amerika zu überlassen, setzt Airbus drittens auch auf den wachsenden Markt von Drohnen unter anderem im zivilen Bereich. Sie könnten vor allem Überwachungsaufgaben übernehmen. Aktuell überwachen von Airbus in Frankreich hergestellte Helikopterdrohnen bereits Strom- und Gasleitungen sowie Erdölpipelines.