Eichstätt
"Es wäre hilfreich, wenn das Handy aus ist"

An Weihnachten zieht es auch ungeübte Kirchgänger in den Gottesdienst – Doch wie benimmt man sich?

20.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:41 Uhr

 

Eichstätt/Ingolstadt (DK) Der Rummel ist vorbei, der Baum geschmückt, die Geschenke sind verpackt: Weihnachten kann kommen. Viele Menschen spüren den Wunsch nach Besinnlichem, erinnern sich an die grundsätzliche Bedeutung des christlichen Festes und planen den Besuch eines Gottesdienstes – auch wenn sie sonst nicht zur Messe gehen. Aber wie soll sich der ungeübte Gottesdienstbesucher in einer katholischen Messe denn verhalten? Wann kniet man, wann sitzt man, wann steht man? Eine Herausforderung – gilt doch die einheitliche Körperhaltung der Gottesdienstbesucher als Zeichen ihrer Gemeinschaft. Jürgen Bärsch, Professor für Liturgiewissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, hat mit unserer Redakteurin Angela Wermter über die heilige Messe gesprochen.



 Professor Bärsch, sitzen, knien, stehen – für ungeübte Kirchgänger kann der Besuch eines katholischen Gottesdienstes verwirrend sein. Was raten Sie ihm? 

 Jürgen  Bärsch: Wenn  man dem Ganzen völlig fremd gegenübersteht, würde ich empfehlen, sich umzusehen, was die anderen so tun. Am besten man orientiert sich an einem Kirchgänger, der erkennbar mit der Liturgie vertraut ist. Und man sollte aufpassen, wach und offen sein für die verschiedenen Elemente im Gottesdienst. Da kann man schon nicht mehr viel falsch machen.

 

 N otfalls schaut man auf die Ministranten im Altarraum, was die so machen, oder? 

Bärsch: Das kann eine Hilfe sein, muss aber nicht. Weil nicht in jeder Gemeinde die Ministranten so geübt sind, dass sie immer sofort das tun, was vorgesehen ist. Aber natürlich kann das hilfreich sein, wenn man sieht, wie die Ministranten sich verhalten.

 

In protestantischen Gottesdiensten wird nicht gekniet. Warum dann in katholischen?

Bärsch: Das Knien ist eigentlich eine besonders intensive Ausdruckshaltung für das Gebet. Das heißt, ich mache mich bewusst klein, weil ich weiß, dass ich vor dem großen und unendlichen Gott stehe. Es ist Ausdruck der Ehrfurcht und dafür, dass ich mich nicht auf gleiche Augenhöhe mit Gott stellen kann. In der katholischen Frömmigkeit spielt das Knien eine wichtige Rolle, weil es mit dem Gedanken der eucharistischen Verehrung verbunden ist.

 

Wie lange dauert ein Gottesdienst in der katholischen Kirche in der Regel?

Bärsch: Man muss unterscheiden, weil Gottesdienst ein Überbegriff ist. Es gibt ja verschiedene Formen der Liturgie, des christlichen Feierns. Zentral ist natürlich die Feier der Eucharistie – in der Regel die Sonntagsfeier der Kirche mit den beiden Hauptteilen Wortgottesdienst und Eucharistiefeier. Die Messe dauert etwa eine Stunde.

 

Gottesdienste an hohen Feiertagen dauern länger. Warum?

Bärsch: Das hängt zum Teil mit der reicheren musikalischen Ausgestaltung zusammen. Und dann auch damit, dass besondere Formen des Gottesdienstes gepflegt werden, etwa eine größere Prozession.

 

Gibt es eigentlich einen Dresscode für Kirchgänger?

Bärsch: Heute gibt es keinen Dresscode mehr. Wobei schon klar sein sollte, dass man zu einer Feier kommt, die für viele Menschen von besonderer Bedeutung ist. Da ist es angemessen, sich zurückhaltend zu kleiden.

 

Früher gab es ja das Sonntagsgewand. Heute schaut der Pfarrer aber doch nicht mehr darauf, ob der Kirchenbesucher auch wirklich seine beste Hose anhat. Wichtig ist doch, dass der Gläubige kommt.

Bärsch: Das ist natürlich richtig. Es geht nicht so sehr um die äußere Erscheinung der Menschen, sondern um ihre innere Bereitschaft, Gott zu begegnen. Aber das drückt sich natürlich auch äußerlich aus. Wenn mir etwas wichtig und wertvoll ist, werde ich mich anders verhalten, als wenn mir etwas alltäglich erscheint. Insofern hat der Gedanke, dass ich in Sonntagskleidung zum Gottesdienst erscheine, schon noch Gültigkeit.

 

Was macht man denn eigentlich mit quengelnden Kindern im Gottesdienst?

Bärsch: Kinder gehören ganz selbstverständlich mit in den Gottesdienst, auch in den Erwachsenengottesdienst. Darauf haben sie ein Recht, nicht zuletzt, weil sie Getaufte sind – und in gleicher Weise Brüder und Schwestern sind wie die Erwachsenen auch. Aber Kinder können natürlich nicht so lange aufmerksam sein. Gut, wenn die Eltern dann ein Buch mitgenommen haben, in dem das Kind dann blättern kann. Und auch das Kuscheltier kann beruhigend wirken. Wenn die Eltern den Eindruck haben, jetzt ist es genug, sie können nicht mehr in der Messe bleiben, dann sollten sie halt aufstehen und rausgehen und die Kinder draußen beruhigen.

 

Manche Gläubige, die den Gottesdienst regelmäßig besuchen, sind gern mal verärgert, weil an Weihnachten und Ostern plötzlich der Stammplatz besetzt ist oder man erst gar keinen Platz mehr bekommt. Was sagen Sie denn denen?

Bärsch: Wir sollten froh sein, dass es Gottesdienste gibt, in denen die Kirchen gut besucht sind. Ein Ausdruck dafür, dass wir alle eine große Gemeinschaft sind, die vor Gott steht. An solchen Festen wie Weihnachten, da kommen auch Menschen, die doch irgendwo spüren, dass die Messfeier zum Fest dazugehört.

 

Schon. Aber wenn jetzt ausgerechnet mein Stammplatz besetzt ist?

Bärsch: Gott sei Dank haben wir heute keine gepachteten Plätze mehr. Und was sich gewohnheitsmäßig als mein Platz herausgestellt hat – wenn der grad mal besetzt ist, finde ich doch bestimmt noch irgendwo anders eine Bank.

 

Dass man sich während der Messe angemessen benimmt, versteht sich von selbst. Was geht denn gar nicht?

Bärsch: Es wäre schon hilfreich, wenn Menschen ihr Handy ausschalten würden.

 

Dürfen ältere oder kranke Menschen, die nicht knien können, während der Wandlung eigentlich sitzen bleiben?

Bärsch: Natürlich. Zwar geht es darum, dass die ganze Gemeinde in der einheitlichen Körperhaltung ihre Gemeinschaft zum Ausdruck bringt. Aber wenn das nicht geht, kann der Gläubige auch eine andere, angemessene Haltung einnehmen. Das Knien ist nicht die einzige Haltung, die Ehrfurcht ausdrückt. Das Stehen ist eigentlich die normale Haltung, in der Christen beten. Stehen erinnert an die Auferstehung, erinnert daran, dass wir von Gott aufgehoben werden. In der frühen Kirche gab es die Regel, dass an Sonntagen und in der Osterzeit überhaupt nicht kniend, sondern nur stehend gebetet wurde – als Zeichen für die Auferstehung.

 

Sie sind auch Priester. Was wünschen Sie sich denn von Gottesdienstbesuchern?

Bärsch: Dass Gläubige sich von dem „entzünden“ lassen, was in der Feier passiert. Es geht nicht um bestimmte Körperhaltungen. Es geht darum, dass die Liturgie von Gott her auf die Menschen zukommt. Das gilt auch für den Priester. Mir wäre wichtig, dass wir alle uns im Gottesdienst für den öffnen, der uns da begegnen will. Also ein offenes Herz dafür haben, was Gott uns schenkt.