London (DK
Exzentriker unter den Superstars

Schillernd, talentiert, erfolgreich: Popsänger Elton John wird 70 Jahre alt

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

London (DK/epd) Der Mann, der da auf die Bühne sprang, sah nicht so aus, als ob er an diesem Samstag seinen 70. Geburtstag feiert. Auch im Rentenalter begeisterte Elton John, der britische Superstar, seine Fans - wie zuletzt bei einem Live-Konzert im amerikanischen Albuquerque Mitte der Woche. Die Kritiken für seine jüngste Tournee überschlagen sich. "Solch einen Entertainer wie ihn machen sie nicht mehr", hieß es im "Albuqerque Journal". Und auch in Colorado Springs konnte er zeigen, dass seine "Stimme genauso stark und resonant wie vor Jahrzehnten" ist. "Das ist mal ein älterer Mitbürger", meinte die Rezensentin, "der immer noch einen Song schmettern kann."

Auch an seinem 70. Geburtstag auf Tour zu sein - das zeigt schon eine fast preußisch anmutende Arbeitsmoral. Doch Elton John - pardon: Sir Elton, denn die Queen hat ihn 1998 zum Ritter geadelt - bedeutet die Bühne alles. Sie ist der Ort, wo der im wirklichen Leben eher schüchterne Brite richtig aufdrehen kann: schrille Outfits präsentieren, übertriebene Riesenbrillen tragen und natürlich: Klavier spielen und singen, singen singen.

Am 25. März 1947 wurde Reginald Kenneth Dwight, der sich später zu Elton Hercules John umbenennen sollte, in London geboren. Mit seinem Vater, einem Luftwaffenoffizier, versteht er sich nicht, der Junge wächst größtenteils bei seiner Großmutter im Londoner Vorort Pinner auf. Mit vier Jahren beginnt Reginald sich das Klavierspielen beizubringen. Talent hat er in Massen. Im Alter von elf Jahren gewinnt er ein Stipendium für die Royal Academy of Music. "Als ich ihm ein Stück von Händel vorspielte", erinnert sich ein Lehrer, "hat er es sofort aus dem Gedächtnis nachgespielt, wie ein Grammofon." Der strenge Vater hielt nichts vom Musikerberuf und pochte auf eine ordentliche Ausbildung, Bankwesen zum Beispiel. Elton John hat später einmal gesagt, dass seine extravagante Kleidung und wilden Bühnenshows wohl eine späte Reaktion auf seine repressive Kindheit seien. Mit 17 Jahren bricht er die Schule ab, um eine Karriere in der Musikindustrie zu verfolgen. Er begann als Hotelpianist, danach spielte er in der Londoner Band Bluesology.

Als er 1967 den Songtexter Bernie Taupin trifft, beginnt eine lange und fruchtbare Zusammenarbeit. Aus Reginald Dwight wurde Elton John. Das Komponieren ging ihm flott von der Hand - für manche Songs brauchte er gerade einmal eine halbe Stunde. Noch heute kann Elton John in Rekordzeit produzieren. Sein jüngstes Album "Wonderful Crazy Night" wurde innerhalb von 17 Tagen geschrieben und eingespielt.

Mit Taupin zusammen schreibt John Hits wie "Crocodile Rock", "Rocket Man" oder "Goodbye Yellow Brick Road". Seine Lieder "Candle in the Wind" (bis heute der erfolgreichste Song aller Zeiten) und "Don't Let the Sun Go Down on Me" machen ihn zu einem der erfolgreichsten Popstars. Mitte der 70er-Jahre, als Punk und Disco aufkamen, schien seine große Zeit vorüber. Elton John nahm eine mehrjährige Auszeit, widmete sich seiner Liebe zu Tennis und Fußball. Zeitweise war er Präsident seines Heimatclubs FC Watford, dem während seiner Präsidentschaft der Aufstieg in die erste englische Fußball-Liga gelang. Als kaufsüchtiger Jetsetter flog er um die Welt, pflegte Freundschaften zu Liz Taylor und dem Ex-Beatle John Lennon. Immer wieder litt er unter Depressionen, Stimmungsschwankungen und Versagensängsten. Als erster westlicher Popstar gab Elton John 1979 Konzerte in der Sowjetunion. Und er heiratete 1984 die deutsche Tontechnikern Renate Blauel, von der er vier Jahre später wieder geschieden wurde.

Ebenfalls in den 80er-Jahren produzierte er Ohrwürmer wie "I'm Still Standing" oder "Nikita". Dann aber rutschte Elton mehr und mehr in die Drogensucht ab. Sein Kokainkonsum machte eine Kehlkopfoperation nötig, nach der Elton John sein Falsett verliert. Er kam an einem Punkt in seinem Leben an, erinnerte er sich, "wo ich nur zwei Möglichkeiten hatte: entweder sterben oder weiterleben".

Elton wurde nüchtern. Oder, wie er es selbst ausdrückte: Er ersetzte Alkohol und Kokain "durch eine viel gesündere Sucht". Elton John entdeckte 1990 seine Sammlerleidenschaft für künstlerische Fotografie. Und er setzte sich mit aller Kraft für den Kampf gegen Aids und die Hilfe für HIV-Infizierte ein. 1993 trifft er David Furnish, mit dem er dann 2005 eine zivile Partnerschaft eingeht. Das Paar entschloss sich, Kinder zu haben, und bekam mithilfe einer Leihmutter 2010 den Sohn Zachary und 2013 dessen Bruder Elijah. "Wenn ich 15 Jahre jünger wäre", sagte Elton John erst kürzlich in einem Interview, "hätte ich noch zwei, drei Kinder mehr. Ganz ohne Frage."