Kampf gegen die Kunst-Mafia

14.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:17 Uhr

Aus Peru geraubt und auf der Roten Liste: Erzengel San Miguel, 18. Jahrhundert. - Foto: oh

München (DK) Kunsträuber verfügen heutzutage über ein weltweites Netz, um ihre Ware ins Ausland zu bringen und dort zu verkaufen. Ein ebensolches globales Netz versucht der Internationale Museumsrat (ICOM) zu knüpfen, um den Raub und den Verkauf antiker Objekte zu verhindern.

Es braucht die Zusammenarbeit vieler Institutionen, damit eine solche Rote Liste ihren Zweck erfüllen kann. Und so waren zur Präsentation der Dokumentation, die auch im Internet einzusehen ist, Vertreter des ICOM, von Interpol, der Weltzollorganisation und des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaften, Forschung und Kunst ins Staatliche Museum für Völkerkunde gekommen. Doch während innerhalb Europas die fehlenden Grenzkontrollen ein Problem darstellen, steht die weltweite Zusammenarbeit oft vor ganz grundsätzlichen Problemen: "Nicht jedes Büro im Senegal hat ein Telefon", erläuterte Linn Thier vom Zollkriminalamt Köln, und dies erschwere erheblich die Recherche nach der Herkunft von Kunstobjekten, die aus dem gesamten afrikanischen Kontinent nach Europa geschmuggelt werden. Dennoch habe man in den vergangenen acht Jahren in mehr als 1400 Fällen Kunstgegenstände an den Grenzen sicherstellen können, berichtete Thier.

Wie hoch die Dunkelziffer von geschmuggelten Kunstgegenständen ist, darauf wollte sich keiner der Referenten festlegen. Wie gravierend jedoch der Schaden ist, der einem Land zugefügt wird, zeigten die Bilder von Markus Reindel vom Deutschen Archäologischen Institut in Bonn. Ein bereits geplündertes Gräberfeld in Peru gleicht einer öden Wüste, in der die offen herumliegenden Schädel in den Himmel grinsen. Nicht nur, dass man damit die Würde der sorgsam bestatteten Inka-Vorfahren verletzt, gravierend für die Forschung ist vor allem, dass die kostbaren Fundstücke ausgegraben wurden, ohne ihr Umfeld zu fotografieren. Dadurch geht Wissen verloren, weil in einer Kultur wie der der Inkas keine schriftlichen Zeugnisse überliefert sind und damit der Sinn und Zweck von Gewebe, Zierrat und Opfergaben nur aus dem Kontext erschlossen werden kann. Diesen Schaden beklagte vor allem der Botschafter der Republik Peru, Federico Kauffmann-Doig, der selbst Berufs-Archäologe ist. Die isolierten Kunstobjekte verglich Kauffmann-Doig mit den herausgerissenen Seiten einer Bibel, deren Lettern und Gestaltung man zwar noch bewundern könne, die aber ihres Sinnzusammenhanges beraubt worden sei.

Eine solche Ausstellung von hochkarätigen Fundstücken aus Südamerika war 1997 im spanischen Santiago de Compostela zu sehen. Besitzer der Sammlung soll Leonard Patterson sein. Der Privatsammler, vor 67 Jahren in Costa Rica geboren, ist amerikanischer Staatsbürger und lebt in Genf, Paris und München. Eine Pressemeldung der Münchner Polizei im April 2008 berichtete, man habe diese Sammlung mit Objekten der Maya- und Inka-Zeit sichergestellt. Gemunkelt wird, dass ein Schatz von 1100 Stücken, darunter etwa 200 aus Peru, nun irgendwo in München lagere. Zu der Frage, ob die Exponate echt seien, wurde auch das Völkerkundemuseum zu Rate gezogen. Wer Eigentümer der Objekte ist, ob sie von Grabräubern erworben wurden, ob sie illegal aus südamerikanischen Ländern ausgeführt wurden, ob sie echt oder gefälscht sind, das sind nun Fragen, welche die Staatsanwaltschaft klären soll. Es war also ein wohlüberlegter Ort, die Rote Liste Perus im Völkerkundemuseum München vorzustellen, auch wenn diese aktuellen Fragen nur mit größter Zurückhaltung angesprochen wurden. Ziel der Roten Liste ist es, das Verhalten der Käufer in Europa zu ändern, damit die Kunst-Mafia keinen Absatzmarkt mehr findet und Länder wie Peru nicht ihrer Kultur beraubt werden.