Der Sound der Großstadt

30.07.2007 | Stand 03.12.2020, 6:35 Uhr

Begleitprogramm zu "Boomtown Raps": Am Rande des Projekts wird auch der international ausgezeichnete Film "Wholetrain" von Florian Gaag in den Altstadtkinos gezeigt. In der Hip-Hop-Szene ist der Spielfilm um die drei Freunde und Graffiti-Sprayer David, Tino und Elyas längst ein Klassiker. - Foto: movienet

Ingolstadt (DK) Die Stadt boomt: Ingolstadt wächst schneller als irgendeine andere Großstadt in Deutschland, und auch kulturell tut sich einiges. Jetzt will eine engagierte Privatinitiative dafür sorgen, dass auch die Kunst jenseits der etablierten Pfade eine Chance bekommt.

"Wir wollen Jugendlichen ein Portal geben, sich vor einem großen Publikum zu profilieren", sagt Gert Bauer, einer der Organisatoren. Er ist selbst Rapper bei der Ingolstädter Hip-Hop-Formation Erntezeit und hat sich viel vorgenommen: Zusammen mit seinem Bandkollegen Josef Finger, dem Slut-Schlagzeuger Matthias Neuburger und zahlreichen anderen Künstlern aus der regionalen Musikszene wird er Workshops organisieren – hauptsächlich für die Kids aus den Ingolstädter Hauptschulen. Mitmachen kann aber prinzipiell jeder. Von acht Trainern unterstützt rappen, singen und tanzen die Schüler. Die Talentiertesten dürfen beim Abschlusskonzert am 24. November in der Exerzierhalle im Klenzepark auftreten.

Dann werden die 12- bis 17-Jährigen mit den ganz Großen der deutschen Hip-Hop-Szene auf der Bühne stehen. Für das "Boomtown Raps"-Abschlusskonzert haben bereits B-Flame, Denyo, Torch, B-Low, Tim Beam und DJ Mad zugesagt. Die Meister des deutschen Sprechgesangs verzichten in Ingolstadt auf einen Großteil ihrer Gage. Die Kosten für das Projekt wollen die Veranstalter durch Sponsoren decken, die momentan noch gesucht werden. Aber auch die Stadt wird "Boomtown Raps" laut Neuburger wahrscheinlich unterstützen. Ende September soll zudem die erste Warm-up-Party in einem Ingolstädter Club über die Bühne gehen und etwas Geld in die Kassen spülen. "Das Projekt wird sich irgendwann selbst finanzieren", hofft Josef Finger.

Die erste Resonanz hat die Erwartungen der Macher übertroffen. In der vergangenen Woche haben Neuburger, Bauer und Finger die Hauptschulen in der Herschel-, Pestalozzi- und Stollstraße besucht. Sie haben den Schülern von ihrem Projekt erzählt, und dann sei alles von selbst gegangen, erzählt Neuburger: Die Jugendlichen fingen spontan an, eigene Rap-Nummern auf das Pausenhallen-Parkett zu legen. In kürzester Zeit hatten sie etwa 100 Anmeldungen von Schülern aller Jahrgangsstufen zusammen.

Wie ernst die es meinen, wird sich am 12. August herausstellen. Dann treffen sich alle Interessierten zum ersten Mal und werden auf die verschiedenen Workshops aufgeteilt. Wer sich dort behaupten kann, wird nicht nur Nachhilfe im Texten oder beim richtigen Timing bekommen. Die zehn auserwählten Gruppen veröffentlichen außerdem auf einem Hip-Hop-Sampler jeweils ein Stück. "Boomtown Raps 1" soll ein Aushängeschild der regionalen Hip-Hop-Kultur werden.

Trotz der Gemeinsamkeiten mit gewissen Fernsehformaten wollen die Macher von "Boomtown Raps" nicht mit "Deutschland sucht den Superstar" oder Ähnlichem verwechselt werden. Es geht ihnen nicht darum, die Schüler in ein vorgefertigtes Sendeformat zu pressen: "Wir wollen sie in dem unterstützen, was sie tun", sagt Bauer. "Schließlich wollen die nicht bemuttert werden", weiß sein Bandkollege Finger aus eigener Erfahrung. Außerdem kann "Boomtown Raps" keinem Rapper versprechen, einmal Karriere zu machen.

Aber darauf kommt es auch auch gar nicht an. Zuerst einmal soll den Kindern, die vom Boom der Stadt nicht unbedingt profitieren, die Chance gegeben werden, einmal außerhalb ihres Viertels aufzutreten. Neuburger ist noch etwas anderes wichtig: "Wir wollen die Leute animieren, etwas von Anfang bis Ende durchzuziehen."