Wie
Der Countdown läuft

Der "Polizeiruf 110" bewegt sich auf dünnem Eis

10.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:40 Uhr

Hauptkommissar Dirk Köhler (Matthias Matschke) folgt Josts Spur. - Foto: Batier/MDR

Wie ein Thriller legt der Film los: Am Flussufer der Elbe liegt die Leiche einer jungen Frau. Altenpflegerin Anja (Christina Große) rennt auf die Tote zu und ruft verzweifelt den Namen ihrer Tochter Kim. Dann folgt die Rückblende.

Kim (Lucie Hollmann), 23, Boutiqueverkäuferin, verabschiedet sich von ihrer Mutter, verlässt das Haus, steigt aufs Rad und wird kurz darauf Opfer einer ungewöhnlichen und irritierenden Entführung. Denn die Kidnapper verlangen von Anja 100 000 Euro Lösegeld.

Nicht nur Kommissarin Doreen Brasch fragt sich: "Wo soll denn eine Altenpflegerin so viel Geld hernehmen". Ihr Kollege Dirk Köhler kümmert sich einfühlsam um die traumatisierte Frau. Dann die Überraschung: Anja hat das Geld, sie hat exakt die geforderte Summe von einer Tante geerbt. Aber wer wusste davon? Angeblich fast niemand. Doch weit gefehlt: Kims langjähriger Stiefvater (Eckhard Preuß), ihr Ex-Freund und sogar eine Arbeitskollegin und Freundin haben es mitbekommen. Die erste Geldübergabe geht schief, weitere Ungereimtheiten folgen und dann wird klar: Anja lügt krankhaft, die Medizin nennt das "Pseudologia Phantastica".

Nicht nur mit dem Titel begibt sich der neue "Polizeiruf 110" aus Magdeburg auf "Dünnes Eis". Denn er droht stellenweise einzubrechen. Das liegt daran, dass man leider allzu früh ahnt, worauf es hinaus läuft. Eine zu offensichtliche Krimikonstruktion liegt dem Film zugrunde. Stefan Rogall lieferte die Idee, Anika Wangard und Eion Moore haben das Skript bearbeitet. Lügen bilden einen wesentlichen Bestandteil der Handlung.

Regie führt ein "Oscar"-Preisträger. Jochen Alexander Freydank, der die begehrte Trophäe 2009 für seinen Kurzfilm "Spielzeugland" gewann, hat bereits zwei "Tatort"-Folgen inszeniert - dies ist sein erster "Polizeiruf 110". 70 Minuten lang erzählt er den Entführungskrimi als Rückblende, dann mündet der Film in die Eröffnungsszene und steuert auf die Auflösung zu. Ein Whodunit mit reichlich Ermittlungsroutine und klassischen Spannungselementen (Geldübergabe, falsche Fährten). Es wird viel gelaufen und viel mit dem Auto (Köhler) oder dem Motorrad (die Brasch) verfolgt. Das wirkt eher ermüdend. Die über die Bilder gelegte Musik klingt antiquiert, und der häufig eingeblendete Zeitcountdown ("Noch ... Stunden") ist hier nicht mehr als eine Spielerei. Kann man ja alles machen, nur es macht den Krimi nicht besser. Sieht man einmal von der großartigen Christina Große als Anja ab, so bleiben die restlichen Darsteller weitgehend blass. Und die beiden Ermittler, die hier ihren zweiten gemeinsamen Fall lösen, fremdeln noch ein wenig. Fazit: ein Krimidrama, das beim Zuschauer wohl nicht lange haften bleiben wird.

 

"Polizeiruf 110: Dünnes Eis", Sonntag, 12. Februar, ARD, 20.15 Uhr.