Wege der Gotteserkenntnis

Ein Tagung zum 500. Geburtstag der Teresa von Avila

27.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Heilige mit großer Anziehungskraft: „Die Heilige Teresa von Avila“ von Peter Paul Rubens gemalt. - Foto: akg-images

München (DK) „Schlaft nicht, schlaft nicht, denn es ist kein Frieden auf Erden!“, ermunterte im 16. Jahrhundert Teresa von Ávila ihre Mitschwestern im Kloster und lehrte sie das innere Gebet, denn „jeder Mensch hat das Recht, mit Gott in einen persönlichen Dialog zu treten“. Die große spanische Heilige mit dem Ordensnamen „Teresa von Jesus“ wurde am 28. März 1515, also vor 500 Jahren, geboren. Doch dass sich ihre Spiritualität auf eigene Erfahrungen gründet, das verweist auf ein Lebensgefühl der Neuzeit und auf einen verfrühten Feminismus – so die Eichstätter Philosophie-Dozentin Elisabeth Münzebrock, die mit Humor die Kirchenlehrerin auf einer Tagung der Katholischen Akademie in Bayern vorstellte.

Zu Tränen gerührt durch das Bildnis eines gegeißelten Christus, beschließt Teresa, ab jetzt mit Gott zu leben und an seiner Hand zu gehen – und diese Erfahrungen auch anderen zugänglich zu machen. Dabei war sie eine Frau von Liebenswürdigkeit und Schönheit, die vielen, die ihr begegneten, den Kopf verdrehte – in der Kunst festgehalten haben dies Peter Paul Rubens und Giovanni Lorenzo Bernini. Andere jedoch nannten sie ein „herumstreunendes, ungehorsames, halsstarriges Weib“, das aufbegehrte in einer starren Männergesellschaft. Auf Reisen quer durch Spanien verwandelt sie den Planwagen zu einer „ambulanten Klausur mit Gebetszeiten“.

Dies alles geschah in Zeiten des Umbruchs: Von Spanien aus wird damals die Neue Welt entdeckt und werden die dort lebenden Indios missioniert; unter den Theologen der Inquisition wachsen die Vorbehalte gegen das „innere Gebet“ der Frauen und die Ängste gegenüber einem deutschen Protestantismus. Dabei lassen sich beide, „Teresa und Luther, als große ,Gottesfreunde’ verstehen“, betont Mariano Delgado, Direktor des Instituts für den interreligiösen Dialog an der Universität Fribourg. „Beide klagen ein Christentum ein, das durchaus alle Christen verbinden könnte“, so Delgado, denn beide verbinde das Unbehagen an der spätmittelalterlichen Leistungs- und Ablass-Frömmigkeit. Vor allem der Beichtvater Luthers, Johannes von Staupitz, formuliert einen neuen Weg der Gotteserkenntnis: „Der Vater hat gesagt: Ich werde euch einen Weg geben, um zu mir zu gelangen . . . Geht, glaubt, hängt euch an Christus.“

Auch für Teresa „gibt es keine andere Leiter zu Gott als Christus“, betonte Delgado mit Berufung auf Teresas Worte zum inneren Gebet, das nichts anderes ist „als Umgang und vertraute Zwiesprache mit einem Freund, mit dem wir oft und gern allein zusammenkommen, um mit ihm zu reden, weil wir wissen, dass er uns liebt“, schreibt die Heilige.

Verbergen musste Teresa stets ihre jüdischen Wurzeln, analysierte Pater Ulrich Dobhan als Provinzial der deutschen Karmeliten und Herausgeber der neu übersetzten Gesamtausgabe. Teresas Großvater war ein sephardischer Jude, der zum Christentum konvertierte, den Wohnsitz wechselte, sich einen Adelsbrief erwarb und Ländereien kaufte. Nur so konnte die Familie im katholischen Spanien den Anschein des „reinen Blutes“ wahren, um nicht mit der Inquisition in Konflikt zu geraten. Teresa aber wird zu einer Person der Öffentlichkeit, reformiert die Regeln der Karmeliten und gründet, obwohl sie schwere Krankheiten überstehen muss, insgesamt 16 Frauenklöster und zwei Männerklöster. Welche Anziehungskraft sie bis heute hat, zeigten 330 Anmeldungen zur Tagung, darunter Ordensleute aus ganz Deutschland.