Ingolstadt
Was ist schon normal?

"Pension Schöller" hat unter der Regie von Folke Braband morgen Abend im Stadttheater Ingolstadt Premiere

26.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:02 Uhr
Probe zu "Pension Schöller": Matthias Zajgier, Richard Putzinger,Péter Polgár und Renate Knollmann (von links). −Foto: Fotos: Dehmel/Weinretter

Ingolstadt (DK) Philipp Klapproth ist reich und exzentrisch und würde gern mal eine Irrenanstalt mit echten Verrückten besichtigen.

Sein Neffe Alfred braucht drigend Geld - und würde seinem Onkel gegen eine entsprechende Entlohnung diesen Gefallen gern tun. Aber wie soll er das anstellen. Ganz einfach: Die "Pension Schöller" in der Großstadt Berlin, in der allerhand unkonventionelle Persönlichkeiten - darunter ein Großwildjäger, eine blutrünstige Schriftstellerin, ein Möchtegern-Schauspielers mit Sprachfehler und ein unberechenbarer General - residieren, muss für den Schwindel herhalten. Die Soiree in der "Irrenanstalt" findet Klapproth denn auch äußerst spannend, doch die Situation eskaliert, als die vermeintlichen Nervenkranken wenig später Klapproth in seinen eigenen vier Wänden in Kyritz an der Knatter heimsuchen.

Das 1890 in Berlin uraufgeführte Stück "Pension Schöller" lebt von seinen überdrehten Dialogen und irrwitzigen Pointen und wurde oft verfilmt. Folke Braband (kleines Foto) bringt das Stück, "die Mutter der Klamotte", auf die Bühne des Großen Hauses des Stadttheaters Ingolstadt. Morgen Abend ist Premiere. "Es ist ein tolles Stück, weil die Figuren so verrückt sind, aber man muss eben mit diesem Karnevalshumor umgehen", sagt er. "Eigentlich ist es eine Liebeserklärung an das Anderssein, jenseits der Norm, aber die da auf der Bühne zu sehen sind, müssen immer Menschen bleiben. Bei mir ist das ganze Personal ziemlich verrückt, wird überhöht und mit einem Augenzwinkern gespielt, aber all das muss aus der Wahrhaftigkeit der Figuren kommen. "

Der Regisseur, der in Ingolstadt schon "Die Großherzogin von Gerolstein", "Im weißen Rössl" oder "Ein Klotz am Bein" inszeniert hat, hat das Stück in die 1950er-Jahre, in die Wirtschaftswunderzeit, verlegt. "Dadurch hat es einen sauberen, charmanten Look. Man kann es aufgrund dieser altmodischen Humorsituation nicht im Hier und Jetzt spielen. Es ist im Laufe der Jahre ja auch sehr oft bearbeitet worden. " Auch er hat eine eigene Fassung erstellt, hat aus 14 Rollen zwölf Rollen für zehn Schauspieler gemacht, die Frauenrollen ein wenig aufgepeppt, und weil Ingolstadt ja über ein außergewöhnlich musikalisches Ensemble verfügt, spielt auch die Musik eine große Rolle. So hat Felix Huber etwa eine Pension-Schöller-Hymne komponiert. Dazu gibt es Comic-Sound und musikalische Motive für diverse Figuren: "Die Schriftstellerin Josephine Zillertal tritt beispielsweise mit verklärter Feenmusik auf", verrät Braband.

Ausstatter Stephan Dietrich hat drei Bühnenräume entworfen: den Künstlertreff vor einer Berliner-Eckkneipe, wo die Figuren vorgestellt werden, die "Pension Schöller" als großen Salon, der auch schon bessere Tage gesehen hat, und Klapproths Gut in Kyritz, das "auch die provinzielle Enge" zeigen soll.

"Eine Komödie braucht immer Leichtigkeit und Eleganz", meint Braband. Was so vergnüglich und verspielt scheinen soll, ist harte Arbeit, bedarf Präzision, exakten Timings, Rhythmus', handwerklichen Könnens. Vor allem aber zieht diese Komödie ihren Witz daraus, das die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn letztlich nur eine Frage der Perspektive ist.

Premiere ist morgen, Samstag, um 19.30 Uhr im Großen Haus. Kartentelefon (0841) 30547200.

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Anja Witzke