Wacken
Ein Phänomen

Das Wacken Open Air gilt als Pilgerort für Heavy-Metal-Fans aus der ganzen Welt Zehnmal in Folge ausverkauft

28.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Wacken (PK) Das Wacken Open Air gilt als Pilgerort für Heavy-Metal-Fans aus der ganzen Welt. In diesem Jahr findet es vom 4. bis zum 6. August statt. Die rund 75 000 Karten waren bereits vor einem Jahr nach nur 23 Stunden vergriffen.

Wacken (DK) Am ersten August-Wochenende (4. bis 6. August) verwandelt sich der eigentlich beschauliche 1800-Einwohner-Ort Wacken für ein paar Tage zu einer gestandenen Großstadt. Das Wacken Open Air genießt schon lange Kultstatus unter Heavy-Metal-Fans aus der ganzen Welt. Angefangen hat alles 1990 mit nur 800 Besuchern in einer Kiesgrube. Ein Jahr zuvor hatten Thomas Jensen und Holger Hübner die Idee, ein Open-Air-Konzert mit der Coverband Skyline, in der Jensen E-Bass spielte, zu veranstalten. In den Folgejahren entwickelte sich das Festival langsam, zwischenzeitlich drohte sogar das Aus. Seit Ende der 1990er-Jahre steigt die Zahl der Besucher aber mit kleinen Ausnahmen kontinuierlich an. 2007 war das Wacken Open Air zum ersten Mal und seitdem immer ausverkauft.

Was macht dieses Festival im hohen Norden aus? "Wir sind selber Metal-Fans und wollen das Festival so haben, wie es sich die Fans vorstellen", sagte Thomas Jensen schon vor einigen Jahren. "Wir nehmen die Anregungen der Besucher und konstruktive Kritik sehr ernst und versuchen, die Vorschläge so gut wie möglich umzusetzen."

Dieses Konzept geht ganz offensichtlich auf. In den vergangenen drei Jahren war das Festival jeweils schon nach wenigen Stunden ausverkauft. Seit 2010 werden nicht mehr als 75 000 Karten verkauft. "Wir haben eine gute Größe erreicht. Trotz der vielen Besucher haben wir es geschafft, dass es noch eine familiäre Stimmung gibt", so Jensen.

Das Besondere am Wacken Open Air ist aber auch, dass es für Weltbands wie Rammstein kein alltägliches Erlebnis ist, auf dieser Bühne zu stehen. "Es war uns eine Ehre, hier spielen zu dürfen", verabschiedete sich Rammstein-Frontmann Till Lindemann ehrfürchtig von den Fans, nachdem die Band 2013 mit einer grandiosen Show begeistert hatte. Es war der erste Auftritt von Rammstein in Wacken. Stammgäste waren dagegen Motörhead um den Ende 2015 verstorbenen Sänger Ian Lemmy Kilmister. "Wir fühlen uns schon wie eine Hausband in Wacken", sagte Schlagzeuger Mikkey Dee voller Begeisterung in einer Dokumentation über das Festival.

Es gibt mittlerweile zahlreiche Bücher und Filme, in denen das Phänomen Wacken Open Air thematisiert wird. Immer wieder wird dabei deutlich, dass die Fans das Herz dieser besonderen Tage im August sind. Es gibt unheimlich viele Besucher, die Jahr für Jahr nach Schleswig-Holstein pilgern. Sie kaufen sich ihre Tickets schon lange, bevor eigentlich feststeht, welche Bands dabei sind. Es sind nicht nur die großen Bands wie Blind Guardian, Scorpions, Amon Amarth, Machine Head oder Volbeat, die die Faszination in diesen Tagen ausmachen. Es ist die vollkommene Integration des Dorfes, das zu einem Teil des Festivalgeländes wird. Die meisten Bewohner identifizieren sich mit der Musik und dem Wacken Open Air. Sie verkaufen vor ihren Häusern Kuchen, Getränke oder bieten den Besuchern einfach nur einen Platz im Garten an. Die Fans danken es ihnen.

Meist sind die Festivals, die in Deutschland seit Jahren boomen und von denen es immer mehr gibt, abgeschieden auf riesigen Freiflächen aufgebaut. Dass ein Dorf dazugehört, ist in dieser Form einmalig. Entgegen vieler Vorurteile ist es auch keinesfalls so, dass die manchmal Furcht einflößenden Metalheads permanent aggressiv sind. "Es gibt kaum Streit und wenn doch, dann wird er schnell geschlichtet. Das Wacken Open Air ist die friedlichste Veranstaltung, die ich kenne", sagt ein Metal-Fan aus Bremen, der bereits fünfmal dabei war.

Es sind viele Punkte, die das größte Heavy-Metal-Festival der Welt auch zu einem der beliebtesten machen. In diesem Jahr sind wieder einmal Blind Guardian dabei, auf die sich enorm viele Fans freuen. Aber auch Institutionen, wie die orts-ansässige Feuerwehr, die traditionell das inoffizielle Eröffnungskonzert spielt, gehören zum festen Programm und werden von den Besuchern gefeiert.

Manche Kritiker werfen den Verantwortlichen zwar vor, dass das Festival immer mehr zu einem ballermannähnlichen Volksfest verkomme. Wettbewerbe wie der Metal Battle, bei dem sich vielversprechende Nachwuchsbands zeigen können, sprechen eher dagegen. Fragwürdige Comedyeinlagen wurden zudem gestrichen. Einen Wunsch haben die Veranstalter bisher aber noch nicht erfüllt: Die Fans wünschen sich schon lange einen Auftritt von Metallica, die bisher noch nie dabei waren. Metallica und das größte Heavy-Metal-Festival der Welt - beides gehört eigentlich zusammen.