Ingolstadt
Vom Chiemgau nach Namibia

15.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:51 Uhr

Mal anrührend, mal augenzwinkernd-ironisch: Marianne Sägebrecht im Pfaffenhofener Rathaus. - Foto: Asbeck

Ingolstadt (DK) Für manchen bayerischen Schauspieler mag der Sprung über den großen Teich zu den Stars von Hollywood der große Karrieretraum sein, jedoch geht er nur für die wenigsten in Erfüllung. Eine der wenigen Ausnahmen davon ist Marianne Sägebrecht, die schon neben John Malkovich und Michael Douglas gespielt hat. Die 1945 in Starnberg geborene Darstellerin, die für sich selber die Bezeichnung "Volksschauspielerin" bevorzugt, ist jedoch nicht nur auf dem cineastischen Kunstterrain unterwegs, sondern widmet sich auch mit großer Begeisterung dem Schreiben. Bei einer Lesung im voll besetzen Veranstaltungsaal im Pfaffenhofener Rathaus stellte sie ihr neuestes Buch "Meine Jahreszeiten" vor. Eingeladen hatten der Neue Pfaffenhofener Kunstverein und die Buchhandlung Pesch.

"Meine Jahreszeiten" ist ein Buch, das sich nur äußerst schwer einordnen lässt: Zum einen ein Kalenderbuch, in dem für verschiedene Monate Aphorismen, Geschichten, selbst gezeichnete Bilder und geistige Ergüsse zu den verschiedensten Themen des Lebens gesammelt sind. Andererseits tragen die Erzählungen der verschiedenen Kapitel eindeutige autobiografische Züge.
 

Schon der erste Text macht das deutlich. Hier wird die Geschichte von Sägebrechts Mutter in der Form eines Kurzfilmmanuskripts erzählt. Auch andere Lebensrückblicke, in denen sich die Schauspielerin als Erzählerin selbst beschreibt, funktionieren auf eine ähnliche Weise. Mal anrührend, mal augenzwinkernd-ironisch, manchmal auch ziemlich kitschig und verträumt wirken diese Buchpassagen. Und hierbei ist Lenn Kudrjawizki nicht zu vergessen, der die Lesung mit virtuosem Geigenspiel untermalt und manchmal sogar seine Sangeskünste unter Beweis stellen darf.

Beim Namibia-Kapitel untermalt er sogar die Erzählung mit atmosphärischen Klängen und nimmt das Publikum symbolisch mit auf den schwarzen Kontinent. Und wenn man als Zuhörer nach Kierkegaard-Zitaten, der schwarzen Holunderstaude, Schuberts "Forelle" und Dreharbeiten in Afrika den Überblick behält, verdient man Respekt. Denn Marianne Sägebrecht füllt die Lücken zwischen den einzelnen Lesungsteilen mit vielen Erzählungen und Anekdoten aus. So erfährt die interessierte Zuhörerschaft, dass die Schauspielerin mehr als zwei Jahre im Pfaffenhofener Landkreis gewohnt hat. Heimspiel also für Sägebrecht, erst recht, nachdem sie im vergangenen Jahr den oberbayrischen Kulturpreis entgegennehmen durfte. So gehen an diesem Abend noch äußerst viele Exemplare von "Meine Jahreszeiten" über den Verkaufstisch.

Zum Schluss gibt es eine Art Seelenmassage und ein letztes tolles Geigensolo. Nach begeistertem Applaus des Pfaffenhofener Publikums, das fast drei Stunden gelauscht hat, lässt sich so mancher seine Ausgabe auch noch signieren.