Seit
In den Fängen einer Frau

Schlinks Roman über die Niederlagen in der Liebe

31.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

Seit dem „Vorleser“ ist Bernhard Schlink ein literarischer Weltstar. Anfang Juli ist er 70 geworden, nun ist sein neues Werk erschienen: „Die Frau auf der Treppe“, ein Roman über das Leben, über Niederlagen – vor allem über die Art Niederlage, die auch nach Jahrzehnten noch Wunden wieder aufreißt, obwohl sie längst überwunden geglaubt war.

Der Streit um eine Frau – beziehungsweise um ein Gemälde jener „Frau auf der Treppe“ – bringt Ende der 1960er Jahre in Frankfurt drei Männer zusammen: einen aufstrebenden Maler, einen erfolgreichen Unternehmer und einen jungen Anwalt. Alle drei sind der schönen blonden Irene auf die eine oder andere Art verfallen und tun die törichten Dinge, die man dann halt so tut. Und jeder für sich bleibt allein zurück, ausgenutzt, ausgetrickst und gedemütigt.

Die peinliche Episode gerät irgendwann in Vergessenheit, was den drei düpierten Erfolgsmenschen nur recht ist, bis die ganze Truppe Jahrzehnte später am anderen Ende der Welt zusammentrifft – wieder einmal angezogen vom Gemälde mit der „Frau auf der Treppe“. Wieder hat diese Frau kein Happy End im Sinn. Und so lässt die Begegnung eine über die Jahre mühsam errichtete Fassade nach der anderen einstürzen.

Schlink, selbst Jurist wie sein Ich-Erzähler, wirft dabei die großen Fragen auf: Was im Leben ist Zufall, was entscheiden wir selbst, was passiert einfach und was wissen wir vom großen Ganzen? „Seltsam, wie zwangsläufig mein Leben war und zugleich wie zufällig“, resümiert sein Protagonist zwischendurch. Ihre Niederlage von einst haben die Männer all die Jahre kleingeredet, zur abgehakten Lektion fürs Leben umgedeutet – und doch nicht verwunden. „Die frühen großen Niederlagen lenken unser Leben in eine neue Richtung. Die frühen kleinen verändern uns nicht, aber begleiten und quälen uns, stete kleine Stachel im Fleisch.“

Ist das nun richtig gut oder richtig kitschig? Man tut sich schwer mit einem Urteil. Schlinks immer schon viel gelobter Juristen-Stil – nüchtern, distanziert, schnörkellos – findet sich auch hier. Nach und nach setzt sich aus den Gedanken des Erzählers, aus Rückblenden und Dialogen eine Geschichte zusammen – sprachlich geschliffen, detailliert und dicht, ohne überflüssiges Drumherum. Dafür wird man den Eindruck nicht los, dass spätestens im letzten Drittel eine Spur zu dick aufgetragen wird, das Ende kein wahres Drama sein müsste. Es hätte der bis dahin leisen Geschichte nicht geschadet.

Bernhard Schlink: Die Frau auf der Treppe. Diogenes Verlag, 244 Seiten, 21,90 Euro.