San Francisco
Geschichten aus der neuen Welt

Wie der Augsburger Bratscher Mirdin Gleißner eine Saison beim San Francisco Symphony Youth Orchestra verbringt

01.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Mirdin Gleißner: von den USA aus zu Gast in Ingolstadt - Foto: privat

San Francisco/ Ingolstadt (DK) Von Bayern in die Bay von San Francisco. Knapp über 9000 Kilometer. Eine imposante Reise für einen Schüleraustausch. Mirdin Gleißner hat sie mit seinen 16 Jahren im letzten Spätsommer angetreten. In seinem Gepäck nicht fehlen durfte Mirdins Bratsche. Der junge Musiker wollte sein großes Hobby mit nach Amerika nehmen und spielte im San Francisco Symphony Youth Orchestra – einem der renommiertesten Jugendorchester der USA, das nun gerade in Ingolstadt aufgetreten ist.

Mit fünf Jahren macht Mirdin die ersten Bogenstriche auf der Violine, bevor er die zierliche Geige vor dreieinhalb Jahren gegen die etwas größere Bratsche eintauscht. Auf einer Streicherfreizeit hatte er das Instrument ausprobiert. „Ich fand den Klang schöner als den der Geige“, erzählt Mirdin von seinen ersten Gehversuchen auf der Viola. Der Wechsel fällt ihm leicht – so leicht, dass er auf der Bratsche im vergangenen Jahr den Kammermusik-Wettbewerb des Lions Clubs in Ingolstadt gewann.

Kein Wunder also, dass der 16-Jährige sich sein Austauschjahr nicht ohne seine Bratsche vorstellen konnte. Das Vorspiel beim San Francisco Symphony Youth Orchestra meisterte er mit Bravour. Danach besuchte Mirdin jeden Freitag die Proben des Orchesters. „Wir haben Anfang des Jahres mit den Proben für die Europa-Tournee angefangen“, erklärt der Schüler das musikalische Pensum des Ensembles. Auf dem Programm stand unter anderem die fünfte Sinfonie von Mahler – keine leichte Kost für ein junges Orchester. „Durch die wöchentlichen Stimmproben bei erfahrenen Dozenten und den anschließenden Tutti-Proben habe ich den Eindruck, dass wir sehr viel gemeinsam üben – mehr als in den Projektorchestern, in denen ich bisher gespielt habe“, sagt Mirdin.

Natürlich musste er auch noch zu Hause die Finger und den Bogen für viele Stellen trainieren, aber durch die vielen Proben kam er schnell im Orchester an. In der Bratschengruppe fühlte sich Mirdin gut aufgehoben. Sie unterstützte ihn bei anfänglichen Sprachproblemen. „Zu Beginn habe ich die Hinweise des Dirigenten manchmal nicht verstanden“, erinnert sich der Schüler. „Aber meine Pultnachbarn haben mir immer weitergeholfen.“ Die Pultnachbarn und die anderen rund 100 Orchestermitglieder kommen hauptsächlich aus den USA oder einem asiatischen Land. „Ich denke, ich bin der einzige Europäer“, meint Mirdin. Für das Ziel seines Auslandsjahrs – sein Englisch zu verbessern – ist dieser Umstand perfekt. Auch auf der Highschool in Berkeley lernte er Englisch, aber auch den Stoff, den er in der zehnten Klasse des Gymnasiums Sankt Stephan in Augsburg verpasst. Nach einer Zeit war das San Francisco Symphony Youth Orchestra eher auf Mirdins Deutschkenntnisse angewiesen: „In Mahler-Noten standen deutsche Kommentare, die niemand im Orchester verstand. Da wurde ständig gefragt: ‚Mirdin, was heißt dies und das‘“

In diesem Jahr geht das Orchester bereits auf seine zehnte Tournee. Schon 2008 gastierte es bei den Audi-Sommerkonzerten.

Ein bisschen wehmütig ist Mirdin am Ende seiner Zeit beim Jugendorchester: „Zu Hause werde ich bestimmt meine neuen Freunde in Amerika vermissen.“ Weitere Besuche in den Staaten, so scheint es, stehen für den jungen Musiker also schon im Kalender für noch mehr Geschichten aus der neuen Welt.