Salzburg
Wenn der Teufel den Blues tanzt

Der Salzburger Ballettchef Peter Breuer gastiert mit zwei Tanztheaterabenden im Deutschen Theater: "Ballett 'n' Blues" und "Mythos Coco"

08.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr

Das Leben der Coco Chanel bringt das Peter Breuer Salzburg Ballett auf die Bühne des Deutschen Theaters München. Hier mit Anna Yanchuk und Josef Vesely. - Fotos: Canaval/Klenk

Salzburg/München (DK) Diese Karriere kann sich sehen lassen: Der gebürtige Tegernseer Peter Breuer (kleines Foto) kann auf eine großartige Zeit als Berufstänzer unter anderem in London, Berlin und am Staatsballett in München zurückblicken, bevor er sich auf die Choreografie verlegte. Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert amtiert der 70-Jährige als Ballettdirektor am Salzburger Landestheater.

Dabei gelang es ihm, sich auch als Choreograf überregional einen Namen zu machen - so wurde er 2015 mit der wichtigsten Auszeichnung der Tanzwelt hierzulande geehrt und erhielt den deutschen Tanzpreis.

Dass sein Ensemble nun in der Theaterpause für zwei Gastspiele ans Deutsche Theater eingeladen wurde, ist für beide Seiten nicht ganz selbstverständlich - die begeisterungsfähige Truppe schiebt dafür ihren Urlaub auf, und das Deutsche Theater hebt das kleine Allround-Ensemble aus dem Nachbarland auf Augenhöhe mit den internationalen Gastspielen, die man sonst dort zu sehen gewohnt ist, beispielsweise die legendäre New Yorker Company Alvin Ailey, die im August ebenfalls hier gastiert.

Breuer, den noch immer großer Elan und frische Tatkraft auszeichnen, hat zwei Eigenproduktionen im Gepäck, mit welchen sein Ensemble große Erfolge verzeichnen konnte. Einer der Abende beschäftigt sich mit dem "Mythos Coco" und geht der schillernd-tragischen Biografie der Erfinderin des "kleinen Schwarzen" nach, deren Mode-Imperium sich parallel zu einer Folge tragisch verlaufender Liebesbeziehungen entwickelte. "Mich hat an diesem Thema aber vor allem die Geschichte des Balletts zu ihrer Zeit interessiert, mit dem sie ja nicht nur durch die persönliche Bekanntschaft zu Igor Strawinsky und die Ballets Russes verquickt war", erklärt Breuer. Über die Frage, wie man die Biografie einer Mode-Frau vertanzen kann, muss der Choreograf nur lächeln - für ihn gibt es kaum ein Thema, das nicht tanzbar wäre. "Ich habe schon tropfendes Wasser choreografiert! Kagel und Schönberg haben mich freilich zu Anfang vor große Schwierigkeiten gestellt, aber dann kapiert man auch hier, wie man das choreografisch umsetzen kann."

Breuers Offenheit für sperrige Tanzthemen zeigt auch der zweite Tanzabend der Salzburger auf Tournee. Unter dem Motto "Blues im Berg" überraschte er 2013 damit, Bluesmusik und Ballett zusammenzubringen. Er erdachte zu einer musikalischen Reise durch verschiedene Zeiten und Länder ein Handlungsballett, das eine große persönliche Note auszeichnet: "Die Idee kam mir nach einem Treffen mit dem Musiker Al Cook, einer österreichischen Blues-Legende, und ich hatte durch meinen Vater, der Jazz-Pianist war, sozusagen schon frühkindlich den Blues im Blut. Blues ist für mich sozusagen der Schrei der Seele in all seiner Melancholie. Al Cook war zunächst sehr zweifelnd, ob Blues und Ballett zusammengehen können, inzwischen ist er begeistert und als Musiker bei jeder Vorstellung live dabei. Der ist aber auch wirklich ein ganz Wilder, eigentlich ein kompromissloser Revolutionär. Er hat mich auch für die Geschichte inspiriert, die eine Faust-Dimension hat."

Erzählt wird in der Salzburger Produktion, die am Deutschen Theater unter "Ballett 'n' Blues" gespielt wird, die Geschichte eines Musikers, der - analog zu einer US-Blues-Legende - an einer Straßenkreuzung dem Teufel begegnet, der ihm für das Pfand seiner Seele eine Karriere bietet. Natürlich gibt es neben dem faustischen Künstler und dem mephistophelischen Musikproduzenten auch einige Frauenrollen in dem rasanten Handlungsballett, wobei eine sogar auf die Spitze muss. "Spitzentanz kann meiner Meinung nach stechend und bedrohlich sein wie ein Messer", bemerkt Breuer dazu, der generell für seine Arbeit einen klassisch inspirierten Stil mit teils akrobatischen Hebungen bevorzugt. Die Playlist zwischen Musikhimmel und Vermarktungshölle setzt sich halb aus Livemusik und halb aus Einspielungen zusammen, so dass neben dem Wiener Urgestein des Blues, Al Cook, auch Hubert von Goisern oder Tom Waits musikalische Grüße senden. Dass die Zuschauer gedanklich immer etwas mit nach Hause nehmen, ist Breuer besonders wichtig, weswegen er mit seinem Ballettensemble auf Reisen geht und vor jeder Vorstellung vor den Vorhang tritt.

"Mythos Coco" heute und morgen sowie "Ballett 'n' Blues" am 11. und 12. August. Karten bei den DK-Geschäftsstellen.