Salzburg
Glanzvolle Festspiele

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Die Inszenierung von Ernst Tollers „Hinkemann“ gehörte in diesem Jahr zum Programmschwerpunkt „100 Jahre Beginn des Ersten Weltkrieges“ in Salzburg - Foto: Hoppe/Salzburger Festspiele

Salzburg (DK) Wenn am Sonntag die Festspiele mit einem Konzert der Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Simon Rattle und mit der seit der Premiere bei den Pfingstfestspielen stets umjubelten Aufführung von Rossinis „La Cenerentola“ mit Cecilia Bartoli ihren Abschluss findet, endet nach drei Jahren auch die nicht unumstrittene Ära des Intendanten Alexander Pereira.

Doch bevor es so weit ist, darf bei einem opulenten Festspielball noch kräftig gefeiert werden.

Dem Wiener Opernball will Pereira damit Paroli bieten oder ihn gar noch übertreffen mit einem Galadiner samt musikalischen und sängerischen Einlagen in den Barocksälen der ehemaligen fürsterzbischöflichen Residenz. In der Felsenreitschule beginnt danach der Ball unter dem Motto „Alles Tanz“, zu dem neben Orchestern und Bands noch exklusiv eine Frank-Sinatra-Show aus London eingeflogen wird. Max Reinhardt, einer der Gründer der Festspiele, und viele der nachfolgenden Regisseure wussten wenigstens, die wundervollen Arkaden in ihre Inszenierungen zu integrieren. In diesem Jahr jedoch gab es keine einzige Aufführung, bei der die Felsnischen bespielt, sondern – wie bei der Uraufführung der Oper „Charlotte Salomon“ – mit Kulissen reichlich verdeckt wurden.

Diese feudale Abschlussfete ist nicht nur ein Rückfall in die längst überwunden geglaubten Zeiten Herbert von Karajans, der das Festival an der Salzach zum Glamourevent und Mekka der Reichen, Schönen und des Geldadels umfunktionierte. Doch Alexander Pereira trat in den drei Jahren seiner Intendanz noch in weitere Fettnäpfchen: Sei es die Ausweitung des Programms von viereinhalb auf gut sechs Wochen, womit der Finanzrahmen deutlich überzogen wurde, oder die Drohung mit seinem Rücktritt, wenn ihm das in herzlicher Abneigung verbundene Festspielkuratorium den Etat nicht erhöhen wolle. Dass er seinen Vertrag nun vorzeitig aufkündigte, um an die Mailänder Scala zu wechseln, hat ihn noch unbeliebter gemacht. Denn einige der besten Aufführungen will er dorthin mitnehmen.

Doch ein gutes Händchen bewies Pereira beim Einwerben von Sponsorengeldern, die das offizielle Budget von rund 61 Millionen Euro um ein paar Millionen erhöhte. So war es ihm möglich, die renommiertesten Orchester und zwischen New York, London, Paris, Wien und Tokio gefeierte Opernstars zu den Festspielen zu holen: Die Wiener Philharmoniker waren unter den Dirigenten Riccardo Muti, Franz Welser-Möst, Daniel Barenboim, Riccardo Chailly, Daniele Gatti und Philippe Jourdan zu hören, Publikumsliebling Lang Lang erhielt stehende Ovationen und Rudolf Buchbinder brachte an sieben Abenden alle 32 Klaviersonaten von Beethoven zu Gehör.

Dazu kamen Liederabende von Anja Harteros, Cecilia Bartoli, Diana Damrau, Christian Gerhaher oder Thomas Hampson und Opernabende der Spitzenklasse: der „Rosenkavalier“ (mit Krassimira Stoyanova, Sophie Koch und Mojca Erdmann), Verdis Schmachtoper „Il trovatore“ (mit Anna Netrebko) oder Mozarts „Don Giovanni“ (mit Hildebrando d’Arcangelo, Luca Pisaroni und Genia Kühmeier).

Im Gegensatz zu manchen Aufführungen des von Alexander Pereira bereits im letzten Jahr mit wenig Resonanz eingeführten Zyklus „Ouverture spirituelle“ und einige Schauspiel-Inszenierungen zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren waren die Opern ebenso ausverkauft wie die Lesung von Karl Kraus’ „Die letzten Tage der Menschheit“ und der unverwüstliche „Jedermann“.

Trotz einiger Flops, wie etwa Peter Steins als altväterliches Ritterspektakel inszenierte Schubert-Oper „Fierabras“, erfreut sich die Festspielstadt einer stolzen künstlerischen Bilanz: Rund 250 meist hochkarätige Aufführungen auf zehn Spielstätten innerhalb von 45 Tagen – das bietet kein anderes Festival. Ob Sven-Eric Bechtolf, der bisherige Leiter des Schauspiels, als Übergangsintendant in den nächsten zwei Jahren dieses Niveau halten kann, wird sich zeigen. Der neue Festspielleiter wird bereits gesucht, und die Gerüchteküche brodelt gewaltig.