Regensburg
"Nachwuchssorgen? Ein heikles Thema"

Warum Regensburger Domspatzen und Windsbacher Knabenchor um Sänger werben müssen

25.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:34 Uhr

Der Windsbacher Knabenchor sucht neue Sänger im Grundschulalter. An zwei Abenden informiert der Chor in Ansbach und Nürnberg über die Arbeit des renommierten Ensembles - Foto: Pavan

Regensburg/Windsbach (DK) Sänger gesucht! Mit Informationsabenden und „Erlebnistagen“ präsentieren sich bekannte Chöre wie die Regensburger Domspatzen und der Windsbacher Knabenchor dieser Tage, um neue Mitglieder zu werben.

„Singen, Lernen und Leben“ heißt es in Regensburg an diesem Samstag und am 9. März. Dann können sich Eltern sangesfreudiger Buben im Grundschulalter über Chor, Musikgymnasium und Internat informieren. Die Führungen durchs Haus übernehmen junge Domspatzen. Insgesamt 400 Schüler – die Hälfte davon kommt aus Regensburg – besuchen derzeit das Musikgymnasium und singen in den drei Chören, dem Konzertchor des Domkapellmeisters und den zwei Nachwuchschören. Das klingt erst mal so, als hätten die Domspatzen keine Nachwuchssorgen. „Ein heikles Thema“, sagt Christof Hartmann, Chormanager der Regensburger Domspatzen. Von „Sorgen“ möchte er nicht sprechen. Aber: „Wir müssen um Nachwuchs werben, weil wir wegen des Gymnasiums eine bestimmte Größe brauchen. Unsere Kapazität liegt bei etwa 450 Schülern.“ Ein Grund: Durch die Umstellung auf das G 8 ist ein Abiturjahrgang weggefallen. Eine Konkurrenzsituation mit anderen bayerischen Chören sieht Hartmann aber nicht und verweist auf das Profil der Domspatzen und ihre lange Tradition. Im Jahr 975 gegründet, zählt der Chor zu den ältesten und berühmtesten Knabenchören der Welt. Zu den wichtigsten Aufgaben gehört nach wie vor die liturgische Gestaltung der Gottesdienste in der Domkirche. Ausgedehnte Konzertreisen führen die Domspatzen dazu in die ganze Welt – in die USA, nach Kanada oder Japan. Trotzdem: Wegen des eigenen Musikgymnasiums und des Internats, das mit über 200 Plätzen das größte Jungeninternat in Deutschland ist, muss bayernweit die Werbetrommel für den Nachwuchs gerührt werden.

Ähnlich sieht es auch beim Windsbacher Knabenchor aus, der am 29. Januar in Nürnberg (Haus Eckstein, 18.30 Uhr) und am 5. Februar in Ansbach (Gemeindezentrum Beringershof, 19 Uhr) Informationsabende für neue Chormitglieder anbietet. Denn auch hier gibt es ein angegliedertes Internat. Über 119 Sänger verfügt der Chor aktuell, „aber natürlich wünschen wir uns immer mehr“, sagt Martin Lehmann. „Wir versuchen, den Chor wie eine Pyramide aufzubauen: Je breiter die Basis, desto größer die Auswahl an guten Sängern in der Spitze.“ Seit einem Jahr ist Lehmann Künstlerischer Leiter des Windsbacher Knabenchors. Und hat gleich eine Stelle für einen „Nachwuchsscout“ geschaffen, der mit Schulen, Gemeinden oder der Universität zusammenarbeitet. Lehmann glaubt, dass das Interesse am Singen und an Chorarbeit, das in den vergangenen Jahrzehnten etwas gelitten hat, wieder wächst. Nicht zuletzt aufgrund der Erkenntnis, dass klassische Musik Intelligenz und soziale Kompetenz fördere – sofern man sie aktiv betreibe. Der musikalische Schwerpunkt bei den Windsbachern liegt auf der geistlichen Musik, wobei das Repertoire von der Renaissance bis zur Moderne reicht.

Bei den Augsburger Domsingknaben ist die Situation anders: „Es melden sich immer mehr Sänger, als wir überhaupt aufnehmen können“, erklärt Kulturmanager Josef Paul. Und: Es gibt kein Internat. Die etwa 350 Domsingknaben wohnen zu Hause, gehen in verschiedene Schulen in Augsburg, kommen aber zu Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Chorprobe oder Klavierunterricht ins Haus St. Ambrosius. Das Angebot reicht von der musikalischen Früherziehung bis zum Kammerchor. Der nächste Tag der offenen Tür in Augsburg findet am 16. Juni statt.

Das G 8 wird in Augsburg übrigens in Bezug auf die Chorarbeit nicht als Problem empfunden. „Wenn es mal eine bundesweite oder bayernweite Ganztagsschule gibt, dann könnte das Auswirkungen haben“, meint Paul.

Die Gründung eines Mädchenchores hat man in Augsburg übrigens noch nie erwogen. „Das richtet sich nicht gegen Mädchen“, erklärt Paul. „Es hat mit der historischen Aufführungspraxis zu tun. Fast alles ist für Knabenchöre komponiert worden. Das ist Teil unserer Kultur – und deshalb ist Chorarbeit eine ganz wichtige kulturelle Arbeit.“

Alle Chöre bieten daneben auch spezielle Vorsing-Termine an. Informationen im Internet unter www.domspatzen.de, www.windsbacher-knabenchor.de, www.augsburger-domsingknaben.de.