Pfaffenhofen
Absurde Lebenswelten

Der Ingolstädter Künstler Thomas Neumaier stellt in Pfaffenhofen aus

21.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:05 Uhr

"Yin und Yang" heißt das digitale Gemälde, mit dem Thomas Neumaier an den 200. Geburtstag des Fahrrads erinnert. - Foto: Frye-Weber

Pfaffenhofen (DK) Von außen hat der Ingolstädter Thomas Neumaier mit dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus dem Pfaffenhofener Haus der Begegnung bereits seinen Stempel aufgedrückt. Nun ist der Konzept- und Installationskünstler mit seinen "Kleinen Stadtansichten" im Rahmen der diesjährigen "Pfaffenhofen präsentiert"-Reihe auch im Ausstellungsraum des Gebäudes, in der Städtischen Galerie, zu sehen.

Dort schlägt er allerdings ganz andere Töne an. Mit seinen oft humorvollen Installationen, Bildern und Objekten setzt er sich mit den Absurditäten unserer Lebenswelt auseinander.

"Meine Kunst wird als absurd bezeichnet, ich aber empfinde vieles in der Realität als absurd und meine Kunst daher als realistisch", erläutert Thomas Neumaier und beschäftigt sich in der Ausstellung mit Themen wie Mobilität, dem städtischen Umfeld, Stadtraumverdichtung, dem steigenden Sicherheitsbedürfnis sowie der Sehnsucht nach Grün. Dabei stellt er gewohnte Denkmuster auf den Prüfstand. Hintergründig und provokant thematisiert Thomas Neumaier die heutige Mobilität und konzipiert ein Auto, das in alle vier Richtungen fahren kann. Mit einer digitalen Zeichnung erinnert er zum 200-jährigen Jubiläum an die Erfindung des Fahrrads von Karl von Drais. Sie trägt den Titel "Yin und Yang" und zeigt zwei Fahrräder, die sich allerdings ein Hinterrad teilen.

"Altstadtverdichtung" heißt ein weiteres Objekt, mit dem er sich kritisch mit der derzeit von Stadtplanern propagierten Innenstadtverdichtung auseinandersetzt. Indem der Künstler die historischen Fassaden der Ingolstädter Innenstadt auf engstem Raum zusammenstellt, quasi zusammenschiebt, treibt er das Konzept prononciert auf die Spitze. "Denn de facto sieht es gerade in kleineren Orten ja genau anders aus. Stadtkerne veröden, und auf der grünen Wiese entstehen Einkaufszentren", resümiert Thomas Neumaier.

"Dinge und Gegenstände, die Geschichten erzählen", wählt der Künstler nach eigenen Worten für seine Installationen. "Oft liegen diese zwei bis drei Jahre in meinem Atelier, bevor ich sie verwende", berichtet er. So geschehen ist es auch mit einer alten Parkuhr. Für zehn Pfennig konnte man 30 Minuten parken, hieß es dort ursprünglich. Thomas Neumaier hat den Hinweis auf die Parkzeit durch "Lebenszeit" ersetzt und dem urbanen Relikt damit eine ganz eigene Bedeutung gegeben.

Entsprechend ist es auch vorrangig die Idee, die den Konzeptkünstler beschäftigt. Während der konkreten Umsetzung ist er gedanklich schon beim nächsten Kunstwerk. Thomas Neumaier wurde 1948 in München geboren und wuchs in Frankfurt auf, seit Ende der 60er-Jahre tritt er öffentlich mit Einzelausstellungen und internationalen Ausstellungsbeteiligungen als Künstler in Erscheinung.

Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage am Freitag vom Multiinstrumentalisten Heinz Grobmeier. In der Kluft städtischer Bauhofmitarbeiter arrangierte er mit alten Rohren, Verkehrsschildern und Abfallprodukten eigenwillige Kompositionen. In seiner Laudatio würdigte der emeritierte Eichstätter Kunstprofessor Günther Klöppel die Arbeit Neumaiers als stets unorthodox und unbequem, aber dabei politisch immer klar verortet und authentisch. Die Freiheit der Kunst und des Denkens identifizierte er als Garanten einer freien Gesellschaft. "Künstler wie Thomas Neumaier sind das Konservierungsmittel der Demokratie."

Städtische Galerie, Pfaffenhofen, bis 21. Juni, Mo bis Fr von 9 bis 12 Uhr und 13.30 bis 16.30 Uhr, Sa, So, Fei von 10 bis 18 Uhr. Eintritt frei.