Nürnberg
Wirbelwind aus der Toskana

Sängerin Gianna Nannini startet ihre Deutschland-Tour in der Nürnberger Meistersingerhalle

03.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:22 Uhr

Fulminanter Auftritt: Gianna Nannini in Nürnberg. - Foto: Hertlein

Nürnberg (DK) Ist das ein Vulkanausbruch! Kaum haben sich die Regenschauer rund um die so gut wie ausverkaufte Meistersingerhalle am Sonntagabend wieder verabschiedet, brechen mit dem ersten Akkord im Saal alle Dämme. Mit ihrem fulminanten Auftritt bei ihrem Deutschland-Tourneestart 2017 in Nürnberg löst Rockröhre Gianna Nannini eine selten dagewesene Euphorie aus.

Ihre "HitStory"- Tour, beginnend im Frankenland, gleicht einem Triumphmarsch. Eine Sternstunde für die Fans samt passender Sterne-Deko auf der Bühne, ein Hochgenuss für den Zuhörer. Südländisches Flair.

Zuletzt hat Landsmann Pippo Pollina in regelmäßigen Abständen das Frankenland im Visier gehabt und hat sich inzwischen eine große Fan-Gemeinde erspielt. Doch die Powerfrau mit Charisma, Energie, burschikosem Haarschnitt und noch immer klasse Stimmvolumen fegt nach Sekunden alle Zweifler und Kritiker vom Feld.

Die Grand Dame des Italo-Rock startet von null auf hundert und löst schon nach wenigen Momenten einen Fan-Auflauf vor der Bühne aus, einen Tsunami, der Ordner und Fotografen gleichermaßen überrollt und die Besucher auf den teueren Plätzen in den ersten Reihen (rund 80 Euro) entweder total verärgert - ob nicht mehr vorhandener freier Bühnensicht - oder ansteckt. Allerdings: Nanninis Hits, die gewaltig in Kopf und Beine gehen, sind im Sitzen nur schwer zu genießen. Anstecken, das tut Nannini. Mal lächelnd, mal gestikulierend, die Songwriterin (mal wird ihr Alter mit 60, mal mit 62 Jahren angegeben) agiert auf der Bühne wie ein Berserker. Mit kleinen Verschnaufpausen. Versprüht Lebensfreude, Glückshormone.

Streng genommen sind die beiden Background-Sängerinnen überflüssig, und auch das in roten Klamotten auftretende Streichquartett Red Rock Strings eher Staffage, obwohl sie den Abend mit einem kleinen klassischen Stück eröffnen dürfen, ehe es zur Gianna-Show geht. Vor zwei Jahren meldete sich Gianna im Rahmen der "Rock meets Classic"-Tour mit einigen ihrer Bestseller auf der Bühne zurück und machte Appetit nach mehr und auf mehr - jetzt mit der "HitStory-Tour" kehrt die Magie einer fesselnden Frau auf die Bühne zurück, Nannini zieht musikalische Bilanz ihres 40-jährigen Schaffens, da verköstigt die Tochter einer sehr erfolgreichen Konditorenfamilie aus Siena ihre Anhänger mit Party-Stimmung, mit gutem und edlem musikalischen Gebäck. Beherrscht den Wechsel zwischen Melancholie und Rockpower noch immer prächtig. Keine Abnützungserscheinungen sind zu spüren.

Der Konzerteinstieg ist schon mal eine Wucht: "America", es gibt kein Halten mehr. Nach knapp einer Stunde kommt der nächste große Ohrwurm, "Bello e Impossibile", stabiler Stützpfeiler eines grundsoliden Hit-Cocktails. Und bei "Nel blu di pinto di blu" kreischen und singen, der Fischer-Chöre ähnlich, Gianna und die Fans das "Cantare" wie verrückt um die Wette.

Es gibt sogar dann noch tosenden Applaus, wenn Nannini gar nicht singt, Fan-Hände abklatscht und verschmitzt in die Runde blickt und jeden Zwischenruf aus dem Publikum inhaliert und genießt. Zwischendrin schmeißt sie den Mikroständer hinter sich, ohne jemanden zu treffen, wechselt Blazer mit Glitterjackett und umgekehrt und hat großen Spaß. Gerade liegt eine mehr als erfolgreiche Heimattournee hinter ihr, ihre insgesamt sieben Deutschland-Gastspiele werden einem Triumphmarsch gleichen (7. April in der Philharmonie in München). Garantiert.

Da fehlt es an nichts. Der Wirbelwind aus der Toskana wird auch da Kräfte freischaufeln und den Ritt auf der Welle der Begeisterung genießen. Und auch das WM-90-Lied "Un estate Italiana". Deutschland wurde Weltmeister und Nannini hat sie alle überlebt, mit ehrlichen Bekenntnissen und italienischer Leichtigkeit - In Nürnberg, am 2. April, begann ihr persönliches Frühjahrsmärchen 2017.