Nürnberg
Nürnberg will mit Speer und Dürer punkten

Geplant sind große Ausstellungen im Dürer-Haus und im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

19.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Foto: DK

Nürnberg (DK) Mut für neue Aufgaben: Unter diese Überschrift hat die Direktorin der städtischen Museen in Nürnberg, Ingrid Bierer, das neue Museumsjahr gestellt. Dieses zuversichtliche Motto habe viel mit der Bewerbung der Frankenmetropole zur Kulturhauptstadt 2025 zu tun.

Bierer hat bei der Jahrespressekonferenz in Nürnberg zugegeben, dass sie der Bewerbung zunächst skeptisch gegenübergestanden habe. Schließlich komme "jede Menge zusätzliche Arbeit" auf die Museen zu. "Wenn es gelingt, unter dem Label Kulturhauptstadt die Kräfte zu bündeln, schaffen wir vieles von dem, was gefordert wird." Mittlerweile sei sie aber überzeugt von der Kulturhauptstadt-Idee. Fortan würden sich die Museen der Stadt mit Verve in die Bewerbungsphase stürzen.

Inhaltlich wollen die Museen in diesem Jahr mit zwei großen Namen punkten: Albrecht Dürer und Albert Speer. Dem größten Maler der Renaissance widmet das Dürer-Haus im Reformationsjahr eine große Schau. Unter dem Titel "Neuer Geist und neuer Glaube. Albrecht Dürer als Zeitzeuge der Reformation" wird Dürers Verhältnis zu Luther beleuchtet. "Wir hoffen, dass wir für diese Ausstellung das Bild ,Das letzte Abendmahl' nach Nürnberg holen können", erklärte Bierer. Das weltberühmte Original aus der Hand des Meisters hängt in Wien im Museum "Albertina". Zuletzt hatte es wieder Probleme gegeben, wenn Nürnberg ein Werk des berühmtesten Sohnes der Stadt - wenn auch nur für kurze Zeit - in die Heimat für eine Ausstellung zurückholen wollte.

Bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen wird sicherlich die Ausstellung über den Architekten des Reichsparteitagsgeländes, Albert Speer. Mit großem Aufwand will Florian Dierl, neuer Direktor des Doku-Zentrums, den umstrittenen Baumeister des Dritten Reiches beleuchten. "Wir wollen herausarbeiten, warum Speer sich nach seiner Entlassung aus der Haft im Jahr 1966 erfolgreich von den Verbrechen des Dritten Reiches distanzieren konnte." Selbst große Historiker wie Joachim Fest oder Golo Mann seien ihm auf den Leim gegangen. Speer sei viel enger mit dem Regime verstrickt gewesen, als er in den 60er- und 70er-Jahren zugeben wollte. "Speer hat sich nur als Technokrat gesehen. Das wollen wir widerlegen." Das Doku-Zentrum rechnet mit Zehntausenden Besuchern. Schließlich seien die Bauten von Albert Speer nur noch in Nürnberg zu sehen.

Mit der Zeppelintribüne wird derzeit die Restaurierung eines der bedeutendsten NS-Bauwerke von Albert Speer vorbereitet. Dierl betonte gegenüber unserer Zeitung, dass die Anlage im Stil des Pergamonaltars entgegen häufiger Behauptungen eine gute Qualität habe. Pfusch am Bau hätten die Nazis damals sowieso nicht zugelassen. Dem berühmten Bauwerk hätten vielmehr die Nürnberger selbst nach dem Krieg mit einer Sprengung großen Schaden zugefügt. Der damalige SPD-Oberbürgermeister, Andreas Urschlechter, habe die Säulenreihe 1967 in einer Nacht- und Nebelaktion in die Luft jagen lassen, weil ein Student aus Israel die Mäander an der Decke fälschlicherweise für Hakenkreuze gehalten habe. Die Nürnberger hätten die eigene Vergangenheit seinerzeit am liebsten ebenfalls ganz schnell vergessen machen wollen. In diesem Bestreben sei die Stadt mit dem berühmten Architekten durchaus vergleichbar. Zumal Andreas Urschlechter selbst ein Mitglied der NSDAP gewesen sei.

Über diese Tatsache werde in Nürnberg noch heute öffentlich fast überhaupt nicht gesprochen, kritisierte Dierl, der freilich über die enge Perspektive der Stadthistorie hinausgehen will. Mit der geplanten Speer-Schau will er nicht weniger, als die Auseinandersetzung der alten BRD mit den Thema Erinnerungskultur und Nationalsozialismus verbinden.