Nürnberg
Fußball ist kein Gottesdienst

Das englische Drama "Der Rote Löwe" erlebt in Nürnberg seine deutsche Erstaufführung

27.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Das große Schachern: Das fußballerische Naturtalent Jordan (Frederik Bott, links) könnte Trainer Kidd (Marco Steeger) einiges an Transfergebühren bringen. - Foto: Bührle

Nürnberg (DK) Wenn es um die finsteren Machenschaften im Fußball geht, um Geld und Gier, um Macht und Korruption, um Trainer und Transfers, um Taktieren, Tricksen und Täuschen, kann sich der deutsche Fußball sehen lassen und international mithalten.

Eigentlich ein gigantischer Stoff für das Theater, aber die Stücke über Blatter und Beckenbauer, Hoeneß und Co. stehen noch aus. Da musste erst der englische Dramatiker Patrick Marber kommen, um dieses Jahrhundertthema Fußball für die Bühne zu entdecken. Jetzt erlebte sein Fußballdrama "Der Rote Löwe" seine deutsche bzw. deutschsprachige Erstaufführung in den Kammerspielen des Staatstheaters Nürnberg, inszeniert von Schauspieldirektor Klaus Kusenberg.

Der "Rote Löwe" ist das Vereinssymbol eines drittklassigen englischen Fußballvereins, der auf Teufel komm raus aufsteigen will, koste es, was es wolle. Da kommt dem Trainer Kidd (Marco Steeger) der junge, neue Spieler Jordan (Frederik Bott) gerade recht, um mit diesem Naturtalent zu "pokern" - gegen seinen knausrigen und finanzknappen Vereinsvorstand, hinter dessen Rücken er längst schon einen Deal mit einem anderen Verein einfädelt, nicht zuletzt, um an der Transfersumme selbst zu "verdienen". Wäre da nicht Yates, der ehemalige Profi (Frank Damerius), der als Zeugwart ein eher klägliches Dasein fristet und seligen Fußballträumen nachhängt, jetzt aber den naiven Neuen unter seine Fittiche nimmt und vor den Intrigen des zynischen und skrupellosen Trainers schützen will.

Eine Milieu- und Charakterstudie also, angesiedelt in der heruntergekommenen Kabine der "Roten Löwen" mit den rostigen Blechspinden (Bühnenbild Günter Hellweg), wo sich das dem Fußball zwar verschworene, gleichwohl aber sich bis aufs Blut bekämpfende Trio in sarkastischen, dabei wortwitzigen Dialogen sämtliche Wahrheiten und Lügen rund um den Fußball um die Ohren haut. Glänzend aufeinander eingespielt, gerät das scheinbare Fair Play der drei Fußballfreunde zum gnadenlosen Schlagabtausch, bei dem es zugeht wie auf dem Spielfeld: taktieren, tricksen, täuschen! Der Kampf um den neuen Spieler wird zum Menschenhandel, bei dem jeder für sich das Beste und meiste herausholen will. In Kusenbergs Regie wird das zum kurzweiligen, ebenso spannenden wie unterhaltsamen Fußballspiel mit doppeltem Boden, das so manchem Fan die Augen öffnen könnte, der den gnadenlosen Konkurrenzkampf und die dunklen Abgründe, die sich unter dem grünen Rasen auftun, nicht wahrhaben will. Aber dieses dann wohl eher dokumentarische Stück steht noch aus, obwohl es längst überfällig wäre. Denn, so legt es der Autor des "Roten Löwen" dem Trainer in den Mund: "Fußball ist kein Gottesdienst!" - Viel Beifall für eine Inszenierung und ein Stück, das dem Fußballgott der "Roten Löwen" die Rote Karte zeigt!

Weitere Vorstellungen am 1., 2., 4., 9., 18., 21. und 30. März sowie im April und Mai. Karten unter: Telefon (01 80) 5 23 16 00.