Nürnberg (DK) Auf „Wagners Wiesen des Wahnsinns“ auf dem Richard-Wagner-Platz vor dem Nürnberger Opernhaus, zu Füßen einer Büste des Meisters, hört man das Gras wachsen zu Wagners „Meistersingern von Nürnberg“, dirigiert von Herbert von Karajan. Und vor dem inneren Auge, zumindest des Wagner-Fans, mag die grüne „Festspielwiese“ erstehen, auf die die Wiesengras-Skulptur des Nürnberger Künstlers Thomas May anspielt.
Sie besteht aus einem massigen, meterhohen, in ein Eisengitter eingezwängten Erdblock, aus dem aus allen Seiten die ersten grünen Grashälmchen sprießen. Aus dem Innern des Erd-Gras-Kubus hört man – solarbetrieben – die „Meistersinger von Nürnberg“ in voller Länge. Ob sie das Wachstum des Wiesengrases beflügeln oder behindern, wird sich bis zum 23. Juli herausstellen, denn bis dahin stehen „Wagners Wiesen des Wahnsinns“ nicht nur vor dem Opernhaus, sondern an sieben weiteren Orten der Stadt, die mit Wagner oder den „Meistersingern“ etwas zu tun haben.
Ein „künstlerisches Forschungsprojekt“ nennt Thomas May seine skulpturalen Installationen, was aber eher ironisch gemeint ist. Ernster zu nehmen sind die Arbeiten des Künstlers und seines international schon Aufsehen erregenden „Grashalminstituts“ dort, wo er sie ins Politische wendet: Bis heute bekam er nicht die Erlaubnis, auf dem ehemaligen Nürnberger Reichsparteitagsgelände, wo alljährlich Hitler Heerschau hielt, buchstäblich „Gras über die Geschichte“ wachsen zu lassen, um damit erst recht die Nürnberger NS-Vergangenheit zu vergegenwärtigen.
Vor dem Nürnberger Opernhaus gelingt dies allerdings auch ein bisschen, ließ sich doch der „Führer“ immer am Vorabend der Nürnberger Reichsparteitage im Opernhaus mit den „Meistersingern“ auf die auf der grünen Wiese stattfindende Massenveranstaltung der NSDAP einstimmen.
„Wagners Wiesen des Wahnsinns“ – bis 23. Juli auf dem Richard-Wagner-Platz vor dem Nürnberger Opernhaus und an weiteren sieben Orten. Informationen unter: www.grashalminstitut.de und www.nuernberg-spielt-wagner.de.
