Neuburg
Konzert für ein Genie

25.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Erfüllte sich einen persönlichen Traum: Alfred „Pee Wee“ Ellis spielt Duke Ellington – ausschließlich - Foto: Löser

Neuburg (DK) Man merkt es sofort an der lockeren Art seines Auftretens, an den ungezwungenen Scherzen, die er trotz einer recht schlimmen Erkältung mit dem Publikum im Neuburger Jazzclub „Birdland“ treibt.

Mit seinem Duke- Ellington-Programm erfüllt sich der Tenorsaxofonist Alfred „Pee Wee“ Ellis einen ganz persönlichen Traum. Seit mehr als 20 Jahren habe er nach einer passenden Gelegenheit gesucht, seine ganz persönlichen Ellington-Favoriten endlich auf die Bühne zu bringen, sagt er. Zusammen mit dem Pianisten Danny Grissett hat er es nun endlich geschafft.

In mehrerlei Hinsicht ist es ein bemerkenswerter Abend. Zum einen treffen mit Ellis (74) und Grissett (40) zwei Musikergenerationen aufeinander, zum anderen aber auch zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Da sind der perkussive Ansatz und der vom Blues definierte Unterton Ellis‘, der ihn zur zentralen Figur in den großen Bands von James Brown und Van Morrison machte, und daneben die Leichtigkeit und Verspieltheit, aber auch das Einfühlungsvermögen Grissetts. Kommen die beiden zusammen wie hier, ergibt sich ein hochinteressantes Spannungsverhältnis, das die Kompositionen Ellingtons in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.

„Satin Doll“ als Einstieg, dann „I’m Beginning To See The Light”, „Come Sunday” und „Take A Coltrane”, endlich zum Schluss die Klassiker „In A Sentimental Mood” und „Caravan” – mit jeder Nummer stellen Ellis und Grissett auch die vielen stilistischen Facetten des Genies Ellington vor, den Musiker, den Komponisten, Bandleader und Arrangeur des Swing, des Bebop, des Blues, den Balladenschreiber, den Mann mit Faible für lateinamerikanische Rhythmen. Und bei allem lassen sie sich Zeit.

Ellis nimmt sich der Themen in aller Ruhe an, variiert, moduliert, umspielt und interpretiert, Grissett fügt seine Sicht der Dinge hinzu. Beide spielen Ellington und spielen gleichzeitig mit ihm, tun dies unaufdringlich, behutsam, ehrfurchtsvoll, aber nicht unterwürfig. So hat jede Nummer Zeit, um im emotionalen Zentrum jedes einzelnen Zuhörers nachzuhallen.

Wobei Ellingtons Nummern sich diese Behandlung gerne gefallen lassen. Man bringt sie ja gemeinhin in Verbindung mit dem Sound großer Swing-Orchester oder Big Bands, aber sie funktionieren auch, wenn man sie quasi entkleidet, es bei Melodie und dezenter Begleitung belässt, und sie somit auf das Wesentliche reduziert. Wenn man also genau das tut, was Ellis und Grissett an diesem Abend machen.

Nun ja, wenn Ellington-Stücke nicht zeitlos wären, was dann im Jazz? Hätte man nur ein einziges Wort zur Beschreibung dieses Konzerts zur Verfügung, – das Wort „schön“ träfe es ziemlich genau.