München
"Ich war noch niemals in New York": Musical mit Klassikern von Udo Jürgens kommt ins Deutsche Theater München

Musical mit Klassikern von Udo Jürgens kommt ins Deutsche Theater München

29.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:45 Uhr

Reise ins Glück: Da heißt es für Axel (Karim Khawatmi) und Lisa (Sarah Schütz) „Bleib noch bis zum Frühstück“ - Foto: eventpress/Stage

München (DK) Der gläserne Flügel war sein Markenzeichen – an ihm nahm er nach dem offiziellen Teil der Show noch einmal Platz, ein Handtuch um den Nacken gelegt, und sang seinen Grand-Prix-Song aus dem Jahr 1966: Udo Jürgens. Nach seinem Tod im Dezember kennzeichnet nun ein Flügel aus weißem Marmor sein Grab am Wiener Zentralfriedhof. Dort stehen die Liedzeilen: „Ihr seid das Notenblatt, das für mich alles war, ich lass’ euch alles – ich lass euch alles da.“

Über 1000 Lieder soll Jürgens hinterlassen haben, der am 30. September 1934 in Klagenfurt geboren wurde. Als er im vergangenen Jahr wenige Tage vor Weihnachten mitten während einer ausverkauften Tournee starb, hätte man dem agilen und immer eleganten Frauenfreund die runde 80, die er an Lebensjahren zählte, nie angesehen.

Seine Fans trauerten, betroffen von seinem Tod war auch die niederländische Regisseurin Carline Brower (55), die fest damit gerechnet hatte, dass Udo Jürgens ihr bei ihrer Berliner Inszenierung von „Ich war noch niemals in New York“ wieder über die Schulter schauen würde. „Ich hatte die Show schon einmal für Wien inszeniert und nun stand Berlin unmittelbar vor der Tür. Wir waren alle so traurig.“, sagt Brower rückblickend. „Udo war immer mit im Boot, hat signalisiert: Ich bin da, du kannst mich fragen, wenn du Tipps willst, nur am Ende musst du selbst entscheiden.“ Die Berliner Premiere wurde ihr posthumer Gruß und ein Erfolg – noch nie hatte das Theater des Westens eine bessere Auslastung, seit es privatisiert und von der Holding „Stage Entertainment“ betrieben wurde.

Nun wechselt es von der Spree an die Isar. „Ich war noch niemals in New York“ ist ein sogenanntes „Juke Box“-Musical, es benutzt 20 Udo-Jürgens-Songs ganz unterschiedlicher musikalischer Sprache und Entstehungszeit und windet die Handlung drum herum. Erzählt wird eine doppelte Lovestory für zwei Generationen: Die Fernsehmoderatorin erliegt dem Charme des Scheidungspapas, und parallel dazu sprühen bei ihrer Mutter und seinem Vater dezent die Funken – angesiedelt ist die Handlung auf einem Kreuzfahrtdampfer Richtung New York.

Reißer wie „Schöne Grüße aus der Hölle“ und das „Ehrenwerte Haus“ sind ebenso zu hören wie das melancholische „Griechischer Wein“ oder unbekanntere Songs. „Die Musik und ihr Wiedererkennungswert ist einerseits ein großes Plus für uns,“ so die Regisseurin, „andererseits eine Gefahr: Das Publikum darf nicht nur dem nächsten Song entgegendämmern.“

So musste eine Geschichte her mit großem optischen Reiz und Gelegenheiten zu vielfältigen Tanzeinlagen, bei möglichst breitem Identifikationsspielraum. Manche Lieder wurden dabei umgedeutet, so ist das Skandalpärchen im „Ehrenwerten Haus“ anno 2015 nicht mehr unverheiratet, sondern schwul. „Jürgens war da immer sehr aufgeschlossen, sogar wenn man seine Songs ironisierte oder ihnen neue Wendungen gab – nur bei ,Merci Cherie‘, seinem großen Siegessong, da hat er gerungen“, erinnert sich Stage-Pressesprecher Stephan Jaeckel (45).

Da das Udo-Musical eine Eigenproduktion ist, darf der Abend für jede neue Vorstellungsserie wieder gestrafft, verändert und aktualisiert werden. Das ist im Musical-Bereich, wo eine Produktion strengem Markenrecht unterliegt, und „live“ zwar „live“ ist, aber doch bitte immer gleich aussehen soll, eine Ausnahme. Kontinuität ist auch mit Hauptdarsteller Karim Khawatmi (41) garantiert, der schon hunderte Male als Axel Songs wie „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ gestaltete und den Udo-Sound mit beinahe geisterhafter Sicherheit trifft.

Den Altstar hat er in guter Erinnerung: „Udo Jürgens war als Zuschauer der Show immer freundlich, es konnte passieren, dass man einfach ein paar nette Worte auf dem Anrufbeantworter vorfand, wenn man nach Hause kam. Er war nie überkritisch, nur unterstützend – so hat mich auch nicht beunruhigt, wenn er zugesehen hat.“ Khawatmi ist auch Fotograf, und so spielt der Zufall, dass seine Fotos auf der letzten, posthum erscheinenden CD von Udo Jürgens zu sehen sein werden.

Khawatmis Bühnenkollegin Sarah Schütz (36) hat den persönlichen Kontakt knapp verpasst, sie hat die zweite Hauptrolle neu übernommen. Schütz sieht die Songs in der Tradition des französischen Chansons: „Ich bin ein Fan der Texte, sie sind eher einfach zu singen, weil sie so viel Sinn machen.“

Für die Sängerin mit der charakteristischen, zart verruchten Sprechstimme ist das Gastspiel in München eine Heimkehr: Sie hat an der Everding-Akademie studiert und hier ihr Diplom mit Auszeichnung abgeschlossen. Ihre Bühnenmutter spielen nach längerer Bühnenpause abwechselnd die gewohnt jugendlich wirkenden Zwillinge Alice und Ellen Kessler (79).

 

In München steht das Musical vom 7. Oktober bis zum 3. Januar im Deutschen Theater auf dem Plan, täglich außer montags und am 24. Dezember.