München
Die großen Fragen

"Don't forget to die": Karen Breeces Theaterprojekt über das Sterben wird im Münchner Theater HochX uraufgeführt

16.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Karen Breece. - Foto: Pavek

München (DK) Keiner will sterben. Und obwohl der Tod allen gewiss ist, ist das Sprechen über ihn ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. "Der Tod wird verdrängt. Nach wie vor wird eher im Stillen gestorben. Dort, wo man eigentlich nicht sein möchte", sagt die Regisseurin Karen Breece, die sich diesem Thema nun in einem Theaterprojekt widmet. "Don't fotget to die" wird am 26. Januar im Münchner Theater HochX uraufgeführt.

Karen Breece ist bekannt für ihre dokumentarischen Arbeiten. Sie hat sich mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt, mit Europa und der Frage nach Identität und jüngst mit der Flüchtlingsthematik. 2013 wagte sie das Theaterexperiment "Was wir liebten", in dem alte Menschen von ihrer Vergangenheit erzählten. Ein Satz ihrer 104-jährigen Akteurin Marylka Bender blieb ihr damals im Gedächtnis haften: "Ich wurde gelebt." Denn erst mit 90 Jahren, nach dem Tod ihres Mannes, konnte sich Marylka emanzipieren. Drei Monate nach der letzten Vorstellung von "Was wir liebten" starb sie.

Dieser Satz "Ich wurde gelebt!" hat Karen Breece lange beschäftigt - und wurde schließlich zur Initialzündung für ihr aktuelles Projekt. "In der heutigen Zeit sind wir ja alle sehr getrieben - von Beruf, Alltag, Familie. Deshalb ist die Frage schon: Wie bewusst leben wir? Leben wir vielleicht Fassadenexistenzen? Und welche Rolle spielt der Tod dabei", erklärt die 46-Jährige.

Über ein Jahr hat sie Gespräche mit alten Menschen über das Sterben, aber auch über das Leben geführt. "Man zoomt auf die Biografien und pickt die wesentlichen Teile heraus. Und von diesen wesentlichen Fragen ist der Abend inspiriert", erklärt Karen Breece. Also: Wie möchte man sterben? Wovor hat man Angst? Wie verabschiedet man sich? Woran glaubt man? Wie möchte man in Erinnerung bleiben? Überrascht hat die Theatermacherin vor allem die Schonungslosigkeit und Ehrlichkeit, mit der die alten Leute erzählt haben. Jeder von ihnen hat seine ganz eigene Geschichte. Rosemarie Leidenfrost etwa hat während des Zweiten Weltkriegs im Lazarettzug gearbeitet und damals - im Alter von 17 Jahren - viele Soldaten in den Tod begleitet. Heute ist sie 93 Jahre, arbeitet im Altenheim, betreut dort die Senioren und wird in "Don't forget to die" von ihrem Blick auf Vergangenheit und Gegenwart berichten.

Zwischen Erinnerung und Hoffnung, Tragik und Komik, Realität und Fiktion schwankt der Text, den Karen Breece entwickelt hat: Auf der Bühne stehen sich mit ihren fünf Protagonisten Livia Hofmann-Buoni (78), Rosemarie Leidenfrost (93), Uta Maaß (88), Christof Ranke (78) und Ursula Werner (73) auch fünf verschiedene Glaubenskonzepte gegenüber. "Denn für jeden bedeutet der Tod etwas anderes. Und auch das Danach. Wir spielen mit den Vorstellungen. Es wird auch eine fantastische Reise." Wichtig ist Karen Breece, dass der Abend zwischen Performance und biografischer Erzählung nicht Betroffenheit schüren, sondern Lust machen soll, sich auf andere Perspektiven und fremde Welten einzulassen. "Er soll sich auf ehrliche, aber auch lebendige, humorvolle Art mit dem Thema auseinandersetzen und von Leichtigkeit getragen sein", sagt die Regisseurin. "Denn natürlich ist der Fokus auf das Leben gerichtet: Was bedeutet eigentlich ein gutes Leben"

 

"Don't forget to die" im Theater HochX, Entenbachstraße 37, München. Vorstellungen am 26., 28. und 31. Januar sowie am 2. und 4. Februar, jeweils 19 Uhr. Karten unter Telefon (089) 90 15 51 02.