München
Von Heimat und Exil

Landkarten mit Kontinenten und Meeren Frank Bowling zeigt "Mappa Mundi" im Haus der Kunst

08.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:31 Uhr

Starke Leuchtkraft: Frank Bowling versteht sich als Landschaftsmaler. Hier sein Werk: Australia to Africa, 1971 - Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2017

München (DK) In einer Stadt auf die Welt zu kommen, deren Name "Bartica" auf Deutsch "rote Erde" bedeutet, und die an der Mündung von drei Flüssen liegt, wodurch die Landschaft durch Sümpfe und tropische Wälder geprägt ist - all dies hat wohl dazu beigetragen, dass der Maler Frank Bowling gerade dann, als er in Manhattan ein Atelier bezog, sich in seinen Bildern an diese Phänomene von Wasser und Erde erinnerte. So entstand seine "Landkarten-Welt", die jetzt im Haus der Kunst unter dem Titel "Mappa Mundi" gezeigt wird.

Bowling kam 1934 in Britisch-Guayana zur Welt, einer Kolonie an der Nordküste Südamerikas. Von der Nähe eines zur Gewalt neigenden Vaters befreite er sich, indem er mit 19 Jahren nach London auswanderte und nach prekären Jahren des Suchens schließlich Malerei studierte. Seit seinem Umzug nach New York 1966 setzt er sich mit der abstrakten Malerei auseinander und sucht einen eigenen Weg. Sein Ziel ist es, abstrakte Kunst mit persönlichen und kulturellen Konnotationen aufzuladen.

Die Ausstellung mit ausgewählten Werken konfrontiert den Betrachter nun mit Leinwänden von mehreren Quadratmetern Größe, die eine starke Leuchtkraft entfalten und zugleich schemenhaft den südamerikanischen Kontinent aufscheinen lassen. Dünne, lasurhafte Schichten von Acrylfarbe sind übereinander gelagert, bis die Oberfläche fast irisierend hell aufleuchtet.

Auf anderen Werken taucht Bowling alles in Dunkelheit: Von Australien am rechten Bildrand bis zur spanischen Halbinsel auf der linken Seite überzieht der Künstler die Kontinente und Meere mit einem grün-blauen Farbfluss, als sei ein riesiges Tintenfass ausgelaufen und habe seinen Inhalt über die Erdhalbkugel gegossen. Nur am äußersten Bildrand ist erkennbar, dass unter der sichtbaren Malschicht leuchtende Magenta-Farben lagern, die von einem inneren Leuchten, von einer verborgenen Wärme erzählen.

Die Oberfläche von Bowlings Gemälden wandelt sich schließlich zu gespachtelten Farbkrusten und zu wächsern wirkenden Strukturen. Die Vielfalt und Intensität der Farbigkeit variiert, aber hinzugefügte Materialien wie Plastik, Styropor und anderes Verpackungsmaterial sorgen für reliefartige Strukturen. Mal thematisieren die Bildtitel die Namen von Flüssen, und Bowling orientiert sich an den blaugrünen Schattierungen eines Claude Monet. Andere Bildoberflächen wirken wie aufgesprungene Erdkrusten oder erinnern an Fischernetze mit dem Fang einer halben Nacht. Kuratorin Anna Schneider erklärt dazu: "Bowling versteht sich als Landschaftsmaler! Sein Thema ist die Materie, es ist das Material von Leben, das ihn interessiert - und dazu zählt auch die Materialität von Farbe."

Ausgespart bleiben Bilder, in denen sich Bowling mit dem menschlichen Körper auseinandersetzt. Der Katalog erweitert den Blick auf diese frühen Bilder, die deutliche Anleihen bei Francis Bacon machen - zumindest Anfang der 1960er-Jahre. Dafür schließt die Ausstellung mit einer sehr meditativ wirkenden Farbflächen-Malerei, in der Bowling an Werke von Mark Rothko anknüpft. Auch darin scheint auf, dass der Künstler, wo immer er arbeitet, sich mit Fragen von Heimat und Exil, von Verortung und Erinnerung auseinandersetzt. Als afrikanisch-stämmiger Mann, der in Südamerika zur Welt kam, der aus der damaligen Kronkolonie ins britische Königreich auswanderte, um dann in New York anzukommen, dem Herzen des westlichen Kunstmarktes, erzählen seine Werke von einer Art globalisiertem Blick auf diese Erde, der alle Kontinente, aber auch alle Meere dieser Welt umfasst, ohne die eigene Existenz auf einem bestimmten Quadratmeter Erde zu verorten.

 

Haus der Kunst, bis 7. Januar 2018, geöffnet täglich 10 bis 20 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr.