München
Vier Stars und ein Halleluja

23.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:16 Uhr

Verdienter Star des Abends: Anja Harteros als Leonora - Foto: Hösl

München (DK) Überstanden. Das Verdi-Jahr ist durchstanden, und pflichtbewusst hat sich die Bayerische Staatsoper noch schnell einer Premiere entledigt – lieblos freilich, wenn auch in allen Ehren. Die Besetzung fein, Schwelgen im Wohlklang, was will man mehr?

Wahrscheinlich waren es bei der Uraufführung in St. Petersburg selige Stunden, da man „La forza del destino“ spielte und noch keine Übertitel kannte. Damals standen einfach nur schöne Klänge und unverständliches Italienisch auf dem Plan – und es wäre auch bei der Staatsopernpremiere am Sonntagabend von unschätzbarem Vorteil gewesen, wenn die Übertitelanlage den Dienst verweigert hätte. So aber klammerten sich die Augen unwillkürlich an die Übertitel, da Regisseur Martin Kušej nun mal gerne Sänger herumstehen, den Chor sich ausziehen und Statisten gekonnt turnen lässt. Man las Erstaunliches vom bösen „Mulattenblut“ und „Pim-pum-pam“, was eine bemitleidenswerte Sängerin zu singen hat, während sie im Minirock über einen am Boden liegenden Chor staksen muss. Dass auch noch das Programmheft, für das gleich zwei Dramaturgen verantwortlich zeichneten, durch eine in den Text gewürfelte, pixelige Bilderflut absichtlich unlesbar gemacht wurde, passt gut zu diesem Verdi-Abend.

Das Libretto in deutscher Übersetzung ertragen müssen, ist eine Qual – auch wenn sogar noch Franz Werfel versucht hatte, es zu retten. Aber starke szenische Momente sind rar an diesem Abend – selbst aus der 15. Reihe des Parketts noch sind die Zweikämpfe peinlich anzusehen, und warum jagen eigentlich Frauen in schwarzen Minikleidern die vielen schlecht angezogenen Choristen in den Krieg? Die an Guantanamo erinnernden Folterbilder im III. Akt erscheinen nur mehr abgeschmackt und pseudoprovokativ, auch wenn hier das Bühnenbild (Martin Zehetgruber) einmal einen schönen Einfall umsetzt: Man blickt aus der Vogelperspektive auf das Lager, wo dann ein Statist sehr elegant die Wand empor schreiten darf. Dass man selbst auch die Wände hochlaufen möchte, verhindert nur die Musik – und die ist trotz des etwas tschingdarassabummigen Dirigats von Asher Fisch herrlich! Mit dem stimmlich leicht aufgerauten und im wallenden Langhaar auftretenden Jonas Kaufmann ist ein Münchner Liebling besetzt – auch wenn man die väterliche Sorge gut nachvollziehen kann, sobald dieser Hochstapler im Schlabberlook sich der reinen Tochter bemächtigen will. Kaufmann und Anja Harteros sind seit „Lohengrin“ das Traumpaar dieser Bühne und die Ausnahmesopranistin ist mit ihrer stimmlichen Wärme, welche ihre perfekte Technik, völlig in Vergessenheit geraten lässt, der verdiente Star dieses Abends. Beide Sänger haben ihre stärksten Momente gerade nicht im Duett miteinander – was dem Aufbau der Oper geschuldet ist, die das Paar gleich zu Beginn trennt und erst im Tod wieder zusammenführt. Aber Kaufmanns Szenen mit dem Todfeind Carlo (Ludovic Tézier, der mittels eines gut inszenierten Statistentricks über der Leiche seines Vaters in Sekundenschnelle heranreifen musste) in ihrer verhaltenen Leidenschaftlichkeit gelingen berückend. Ebenso findet sich Harteros in grandioser Harmonie mit dem wunderbaren Bariton dieses Abends (Vitalij Kowaljow in der Doppelrolle Vater/Franziskaner). Verdienter Jubel für das Sänger-Quartett. Vermutlich wird ein Run auf die Hörplätze der Folgeaufführungen einsetzen.

 

Weitere Termine: 25., 28. Dezember und 2., 5., 8., 11. Januar.