München
Sauna-Sound

Deep Purple gewinnen die Hitzeschlacht auf dem Münchner Tollwood-Festival

20.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

München (DK) Beim Betreten des Geländes der Musik-Arena in München werden den 5000 Besuchern Papierfächer gereicht, um die Temperaturen im ausverkauften Zelt etwas erträglicher zu machen. Das bringt zwar nur wenig und ist der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, aber für Deep Purple kann man schon mal ein bisschen schwitzen.

Wer weiß, wie lange die rüstigen Herren - Sänger Ian Gillan wird am 19. August immerhin schon 71 Jahre alt - das noch durchziehen.

Im Moment denken die legendären Classic Rocker nicht ans Aufhören, aber wenn es einmal so weit ist, steht der Nachwuchs bereit. Den Abend eröffnen die Newcomer The Wake Woods aus Berlin mit klassischem Sound, der ganz offensichtlich von Vorbildern wie Sweet, Slade und auch Deep Purple beeinflusst ist.

Um 20 Uhr betritt dann der Headliner Deep Purple nach einem Klassik-Intro die Bühne im schwülwarmen Zelt und legt mit "Highway Star" kraftvoll los. Ian Gillan singt souverän, aber schon beim dritten Lied wird klar, dass heute nicht die Stimme das Instrument des Abends ist, sondern die Orgel, die ja ohnehin das Markenzeichen ist. Don Airey greift kraftvoll in die Tasten und sorgt ein ums andere Mal für epische Aha-Momente. Es scheint kaum etwas zu geben, was dieser Musiker seiner Hammond nicht entlocken kann. Klassische Einlagen, B-Movie-Horror-Klänge mit Theremin-Anmutung zur neueren Nummer "Vincent Price" oder die Melodie von "Muss i denn zum Städtele hinaus", hier sitzt jeder Griff. Wie auch beim zweiten Hauptakteur, dem Gitarristen Steve Morse, der nach einer kurzen Vorstellung von Gillan als "The Aviator" am Ende von "Vincent Price" mit einem epischen Solo sein Können unter Beweis stellt. Die mitunter weitläufigen Instrumentalpassagen ernten immer wieder Szenenapplaus, wie es sonst eher bei Jazzkonzerten vorkommt. Ian Gillan lässt, ob gewollt oder ungewollt, seinen Kollegen viel Spielraum und geht immer wieder von der Bühne. Dank guter Einteilung seiner stimmlichen Kräfte ist er aber vor allem bei den Gassenhauern "Perfect Strangers", "Space Truckin'" und natürlich "Smoke On The Water" stets zur Stelle und liefert gekonnt Gesang und auch den einen oder anderen Schrei ab.

Schlagzeuger Ian Paice sorgt wie gewohnt für einen soliden Rhythmus, zeigt die ganze Bandbreite seines Talents heute eher nicht. Der Megadrummer hatte vor Kurzem einen leichten Schlaganfall erlitten und verzichtet wahrscheinlich auch deswegen und wegen der stattlichen Temperaturen auf sein übliches Solo. Dafür aber darf Bassist Roger Glover nach der ersten Zugabe "Hush" seine Fingerfertigkeit auf den vier Saiten im Alleingang demonstrieren.

Zum Finale der Hitzeschlacht mit "Black Night" ist dann auch Ian Gillan wieder voll bei der Sache, und Band und Publikum geben noch mal alles. Nach gut 90 Minuten sind aber doch alle froh, wieder nach draußen zu kommen - auch wenn einige hartgesottene Fans eine weitere Zugabe fordern, die aber nicht kommt. Kurz vor 22 Uhr gibt es dann endlich Hitzefrei für alle.