München
Rockin' Kammerspiele

Zwischen Punk und Volksmusik: Die Toten Hosen, Gerhard Polt und die Well-Brüder sind gemeinsam auf Tour

06.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr

"Im Auge des Trommelfells" haben Gerhard Polt, die Well-Brüder und die Toten Hosen ihre gemeinsame Tournee genannt. Am Mittwochabend war Auftakt in den Münchner Kammerspielen. "Wir sind Fusion, wie der Gourmet sagt: Schweinshaxe mit Sushi und Currywurst Pommes", begrüßte Tote-Hosen-Frontmann Campino das Publikum. - Foto: Ripke

München (DK) Das haben die Kammerspiele wohl seit Äonen nicht mehr erlebt. Kurz nach Kassenöffnung: tabula rasa, alle Karten innerhalb kürzester Zeit verkauft. Am Premierenabend vor dem Schauspielhaus an der Maximilianstraße: Tickets zu Schwarzmarktpreisen fast wie bei den Salzburger Festspielen.

Und dann im Theater eine ausgelassene, überbordende Stimmung wie beim letzten Wiesnsonntag kurz vor dem Finale - jubelnde, schunkelnde und taumelnde Fans jeglichen Alters und Outfits. Und das alles ohne Bier, aber wegen des gemeinsamen Auftritts zweier Kultbands samt dem Schützenkönig des weißblauen Kabaretts: die Toten Hosen und die Well-Brüder und als Schmankerl-Zugabe Gerhard Polt als - wie immer - herrlich schräger Maître de Plaisir.

Gegensätze ziehen sich bekanntlich nicht nur an, sondern sie verschmelzen wie hier zu einer hinreißenden Session. Zunächst hinterfotzige G'stanzl über Bayern als Paradies und Schnaderhüpfl von der Lieb' und dem "Schweinestall Europa" abwechselnd mit den Hits der Toten Hosen. Der Bayerische Defiliermarsch zu "All die ganzen Jahre" und ein Zwiefacher der Well-Brüder nach "Hier kommt Alex" und "Zehn kleine Jägermeister" zum Mitsingen und Mitgrölen. Stofferl Well serviert den Watschentanz, während Campino mit röhrender Stimme und seinem lausbubenhaften Lächeln samt entwaffnendem Charme des Mädchenschwarms über die Bühne fetzt. Und schließlich: Punkrock aus Düsseldorf trifft auf alternative bayerische Stubnmusi im musikalischen XXL-Format. Campino klöppelt ebenso lässig auf dem Hackbrett wie er die Well-Harfe zupft und wie beim "Dritten Mann" virtuos in die Zither greift, während die Well-Brüder Stofferl, Michael und Karli den "Strom" der Toten Hosen und andere Chart-Hits mit ihrer ganzen Armada an Blasinstrumenten, Ziehharmonika, Flöten, Gitarren und Maultrommel begleiten. Da erzittern die Kammerspiele wegen des Freudentaumels beider Fangemeinden in ihren Grundfesten, selbst als Campino reichlich angestrengt ins Alphorn bläst und sich im Jodeln übt.

Wenn Gerhard Polt zwischendurch als diabolisch lächelnder Herr Schikaneder als Scout einer Event-Agentur ach so verheißungsvolle Nachwuchssänger und bald Furore machende Bands für Auftritte in Altenheimen, bei Feuerwehrjubiläen und vor allem für alle Oktoberfeste zwischen Hawaii und Sibirien sucht, da castet er natürlich Campino ("begabt, begabt") und die Well-Brüder gleich noch dazu. Dabei zieht Polt alle Register des ebenso valentinesk-skurrilen und schwarzen Humors, bis der Saal vor Jubel schier überkocht. Darauf noch einen Bavarian-Rap vom Stofferl und ein Medley aller Ohrwürmer von Campino und seinen Mannen. Kurzum: eine musikalisch-kabarettistische Sternstunde als Auftakt der gemeinsamen "Im Auge des Trommelfells"-Tournee, die in den nächsten Wochen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz führt.

Weitere Termine: 7. Juli Konzerthaus Wien, 10. Juli Tonhalle Zürich, 13./14. Juli Admiralspalast Berlin, 16. Juli Laeiszhalle Hamburg.