München
Radikal und jung

Das Münchner Volkstheater stellt das neue Festivalprogramm vor

01.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

München (DK) Die provokanten Plakate des Volkstheaters, die zu einem der Marken-zeichen des Festivals „Radikal jung“ geworden sind, gehen diesmal eindeutig in Richtung „Ferkelei“, ziert sie doch eines jener (unter Narkose) tätowierten Schweine des Belgiers Wim Delvoye.

Unter dem buntscheckigen Schweinsrücken verkündeten die Macher des Festivals am Freitag, wer dieses Mal ausgewählt wurde von den 40 im Vorfeld sondierten Vorstellungen.

Kilian Engels, vor seinem Ruf an die Falckenberg-Schule Chefdramaturg des Hauses, hat die Verantwortung für das Festival als sein liebstes Ziehkind behalten und stellt es vom 18. bis 25. April inhaltlich unter die Herrschaft der drei „I“s: Integration, Interkulturalität und Inklusion. Diese hat sich der Münchner Kulturreferent Hans-Georg Küppers auf die Fahnen geschrieben, und die Stadt finanziert ja schließlich Theater wie Festival. Aber es ist kein „Müssen“, sondern auch ein „Wollen“, wenn sich diese Ziele im Festivalplan spiegeln, denn zumindest der Gedanke, behinderte Akteure sichtbar zu machen, lag in letzter Zeit in der Theaterszene in der Luft.

Besonders das Staatstheater Darmstadt fand viel Beachtung für seine Produktion „Der Prinz von Homburg“, in dem der nach seinem „Wetten, dass . . “-Unfall gelähmte Schauspieler Samuel Koch die Titelrolle spielt. Folgerichtig findet sich die Arbeit der Regisseurin Juliane Kann als einzige Klassikerdeutung bei „Radikal jung“. Außerdem sind zwei Stücke von und mit Künstlern, die an Trisomie 21 erkrankt sind, auf dem Spielplan: die umstrittene Uraufführung „Dschingis Khan“, die um das Wortspiel vom Mongolismus und den Mongolen kreist, sowie das Projekt „Regie“, bei welcher drei Menschen mit Down-Syndrom so erfolgreich inszenierten, dass sie als Regisseure des Jahres nominiert wurden. Mit Untertiteln versehen läuft die Produktion „R + J“ aus Lwiw (früher Lemberg), die den Ukraine-Konflikt als Rockkonzert mit Anspielungen auf Shakespeares „Romeo und Julia“ zum Thema hat.

Auf den Besetzungslisten stehen viele exotische Namen. Wieder zu Gast ist eine Uraufführung des Ballhaus Berlin mit „Kings“, wie überhaupt die Dichte von neuen Stücken hoch ist: Achtmal schreiben die Macher die Buchstaben „UA“ hinter ihre Programmtitel. Als Eigenbeitrag schickt das Volkstheater „Und jetzt: Die Welt“ nach Sibylle Berg ins Rennen um den Publikumspreis.

Frisch und mit allen heute notwendigen „I“s startet das Theatermünchen also in den Frühling. Küppers hat ganz recht mit der Beobachtung, dass dieses Festival alljährlich ein Magnet für junges Publikum ist. Dieses Jahr gibt es allerdings weniger Vorstellungen als gewohnt, und alle konzentrieren sich auf die drei Spielstätten im Volkstheater. Karten könnten also schnell zur Mangelware werden. Der Vorverkauf hat bereits begonnen.