München
Polternder Melancholiker

Das Haus der Monacensia präsentiert den Nachlass des Schauspielers Jörg Hube

20.12.2011 | Stand 03.12.2020, 2:01 Uhr

Jörg Hube in seiner kabarettistischen Paraderolle in „Herzkasperls Her- und Hinrichtung“ auf der Bühne des Münchner Frauenhofer-Theaters. - Foto: Dashuber

München (DK) „Mein Kopf ist eine Bombe“ ist ein Zitat des britischen Sozialphilosophen William Godwin, eines Anarchisten des 18. Jahrhunderts. Notiert hat es der Schauspieler Jörg Hube in einem kleinen Heft, worin er Ideen, Texte und Einfälle sammelte.

Jetzt steht dieser Satz über einer Ausstellung der Münchner Monacensia mit Exponaten aus dem Nachlass des 2009 gestorbenen Schauspielers Hube.

Fernsehzuschauer kannten Hube als Willy Purucker in der Serie „Die Löwengrube“. Kinogänger erlebten ihn als Straßenbau-Ingenieur Otto Wohlleben in der Trilogie „Heimat“ von Edgar Reitz. Kabarett-Fans schätzten ihn in seiner Paraderolle als „Herzkasperl“ auf der Bühne des Münchner Frauenhofer-Theaters. Und Theaterbesucher erinnern sich an ihn als Brechts Puntila an den Münchner Kammerspielen. Das sind nur einige Rollen dieses Mimen – eine ganze Fotogalerie eröffnet die Schau, die Facetten im Leben des Jörg Hube aufzeigt.

Geboren wurde er 1943 im brandenburgischen Neuruppin als Kind von Schauspielern eines Fronttheaters. Aufgewachsen ist er in Bayern, wo er in diversen Schulen und Internaten herumgeschoben wurde – ein Zeugniseintrag bezeichnete ihn als „oft sehr jähzornig und ungezogen“. Die Wut muss er schon als Kind im Bauch gehabt haben, die er später in vielen Rollen einsetzte. Den Zorn über Ungerechtigkeiten, über Spießbürgertum und über die Erziehung zu einer sogenannten Normalität schäumte über in Texten, in denen er sich als eine Art bayerischer Hofnarr gab, der ganz radikal Dinge beim Namen nannte.

Deutlich wird dies in einem Filmausschnitt: Hube setzt eine Brille auf, wippt auf den Füßen auf und nieder, drückt das Kinn auf die Brust – und dann schlüpft er auf dem Münchner Marienplatz in die Rolle des Franz Josef Strauß, der in einem fiktiven Interview des Bayerischen Rundfunks konstatiert: „Ich lasse mich in meinem eigenen Rundfunk nicht unterbrechen.“

Die Einsamkeit des Jörg Hube, seine Unsicherheit und seine Sehnsucht nach Geborgenheit treten in vielen Selbstzeugnissen und Zitaten zutage, aber auch auf der kleinen Bühne, wo eine Büste Hubes und ein hölzernes Karussell-Pferd mit Pathos an das „Herzkasperl“-Programm erinnern. Vertiefen lässt sich all dies in einem Buch, das die Regisseurin Eva Demmelhuber zusammengetragen hat. „Jörg Hube – Herzkasperls Biograffl“ ist eine Hommage an den Moralisten und Zweifler, an den erfolgreichen Eigenbrötler und polternden Melancholiker Jörg Hube – mit all seinen Ecken und Kanten, wie ihn Zeitgenossen erlebten und schildern.

Bis zum 8. Juni im Haus der Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23, geöffnet wochentags von 10.30 bis 18 Uhr, donnerstags bis 19 Uhr.