München
Neues Wissen und neue Länder

Wertvolle Bücher der Renaissance in den Schatzkammern der Münchner Staatsbibliothek

01.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Arzneipflanzenbuch: Malva viscus, Bismalva Althea, Eybsch und Mandragora (Alraun), 1520 bis 1530. - Foto: Bayerische Staatsbibliothek

München (DK) Für Liebhaber von Büchern ist das fünfhundert Jahre alte Gebetbuch von Kaiser Maximilian I. ein "Kultbuch", doch es birgt auch für Experten noch nicht entschlüsselte Geheimnisse. Nach dem Tod des Besitzers wurde es um 1600 in zwei Bände geteilt.

Nach vierhundert Jahren Trennung werden nun beide Teile vereint in der Bayerischen Staatsbibliothek gezeigt und offenbaren ihren kostbaren Inhalt. Das Exponat ist der Höhepunkt in Teil drei der Ausstellung "Bilderwelten - Buchmalerei zwischen Mittelalter und Neuzeit".

In der Stadtbibliothek von BesanÃ.on, einer Stadt im Osten Frankreichs, schlummert die eine Hälfte des Gebetbuches. Ausgestellt werden kann es dort nicht - zu kostbar und fragil sind die Zeichnungen in seinem Inneren: Albrecht Altdorfer, Hans Baldung Grien, Hans Burgkmair der Ältere haben Illustrationen auf die Pergamentseiten gezeichnet. Nicht minder prominent sind die Künstler der anderen Buchhälfte, die seit dem 17. Jahrhundert der Staatsbibliothek gehört: Die Randzeichnungen sind aus der Hand von Albrecht Dürer und Lucas Cranach dem Älteren. Dieser Band steht in München auf der Liste der nicht ausleihbaren Bücher - umso größer ist die Freude, dass BesanÃ.on einer zeitweiligen Zusammenführung beider Bände zustimmte.

In der Vitrine der Schatzkammer sind nun beide Teile vereint - und geben den Forschern weitere Rätsel auf. So hat Altdorfer auf der Doppelseite, in der im Text die Verkündigung an Maria zu lesen ist, einen Landsknecht, ein Kuckucks-Weibchen und eine Affenfamilie skizziert. Pierre Emmanuel Guilleray, Konservator am Stadtarchiv von BesanÃ.on, ist überzeugt, dass sich hinter dieser ungewöhnlichen Motivauswahl alte Sprichwörter und Redensarten verbergen, die in Vergessenheit gerieten. Einzig das Christuskind, das auf einer erblühten Rose steht, ist heute noch verständlich durch das alte Kirchenlied "Es ist ein Ros entsprungen".

Das Motto der Buch-Ausstellung lautet "Aufbruch zu neuen Ufern". Damit ist gemeint, dass sich der Wissenshorizont der Menschen erweiterte, aber auch die Welt sich weitete durch die Entdeckung Amerikas. Neben Arzneipflanzen-Büchern, medizinischen Werken, Schriften zu Astrologie und Astronomie wird Martin Waldseemüllers Erdglobus von 1507 gezeigt, in dem zum ersten Mal der neue Kontinent mit "America" bezeichnet wird. Und wer wissen will, welche Gefahren Odysseus zu bestehen hatte, der betrachte die verführerischen Sirenen, die Augsburger Maler um 1450 in die Wellen der Ägäis malten.

Der Inhalt der zweiten Schatzkammer ist ein Beitrag der Staatsbibliothek zum Reformations-Gedächtnis: Zu sehen ist unter anderem eine 60 Zentimeter hohe Riesenbibel aus dem Jahr 1060, die Gutenberg-Bibel auf Papier aus dem Jahr 1454/55 sowie eine Bibel auf Ostschwäbisch von 1473. Prunkstück unter den Bibel-Ausgaben ist die in Ingolstadt nach 1430 entstandene "Ottheinrich-Bibel", das älteste illustrierte neue Testament in mittelbairischer Sprache. Nicht zuletzt wird die "Lutherbibel" aufgeschlagen, ein zweibändiges Werk auf Pergament mit einem ganzseitigen Bildnis des Reformators aus der Hand von Lucas Cranach dem Jüngeren - ein Repräsentationsobjekt aus dem Besitz von Erzbischof Sigismund von Brandenburg.

Bis zum 24. Februar 2017 in der Bayerischen Staatsbibliothek, Ludwigstraße 16, geöffnet von Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, an den ersten Sonntagen im Monat von 13 bis 17 Uhr. Eintritt frei.