München
Im Käfig der Ideologien

Altbacken: Jean-Paul Sartres "Die schmutzigen Hände" im Münchner Cuvilliéstheater

29.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Kampf zweier ungleicher Männer: Norman Hacker als Hoederer (links), Christian Erdt als Hugo in München. - Foto: Baumann

München (DK) Mon dieu, ist dieses Stück altbacken. Ein Thesen-Traktat aus der Mottenkiste des Kalten Krieges und eine fürchterlich zähe Reminiszenz an die Ideen und an das Theater des Existentialismus nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines politischen Mordes stellt Jean-Paul Sartre (1905-1980) hier in seinem 1948 in Paris uraufgeführten Theaterstück, das vor dem Hintergrund der Besetzung Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht die Untergrundaktivitäten kommunistischer Partisanen in den Fokus rückt: Muss ein dogmatischer Hitzkopf, der einen vom offiziellen Kurs der Partei abweichenden Genossen erschossen hat, ebenfalls liquidiert werden?

Hat er sich damit im Sinne des Stücktitels die Hände schmutzig gemacht und ist er deswegen, wie die Genossen sich fragen, "für die Partei noch verwendbar"? Und: Hat Hugo, der Mörder (Christian Erdt als eifernder Kommunisten-Karrierist), den abtrünnigen Parteisekretär Hoederer (Norman Hacker) tatsächlich aus politischen Motiven oder eher aus Eifersucht beseitigt, da dieser ein Verhältnis mit der Genossin Jessica hatte, mit der Hugo verbandelt ist? Die Soap unter dem roten Stern lässt schön grüßen. Was hat Martin KuÅ¡ej, den ansonsten so progressiven Intendanten des Residenztheaters wohl bewogen, dieses so fürchterlich papierne Theaterstück nicht nur auf den Spielplan zu setzen, sondern es zum Saisonauftakt auch noch selbst zu inszenieren? Da ließ er dem Regiekollegen Ulrich Rasche bei dessen fulminanter Inszenierung von Friedrich Schillers Sturm-und-Drang-Drama "Die Räuber" chevaleresk den Vortritt, um sich derzeit gezwungenermaßen mit all den Vorwürfen in den Feuilletons der überregionalen Zeitungen über seinen angeblichen oder tatsächlichen autoritären Führungsstil samt dem patriarchalischen Verhalten der anderen Intendanten auseinanderzusetzen.

Das lähmt natürlich die Kreativität, weswegen diese reichlich fade Neuinszenierung auch schnell abgehakt werden könnte, wären da nicht wenigstens die von TV-Ausflügen ans Residenztheater zurückgekehrte Lisa Wagner als die gegen die Parteidoktrin aufbegehrende Jessica und Manfred Zapatka als kommunistischer Hardliner-Funktionär. Und Stefan Hageneiers Bühnenbild eines aus Eisengittern ganz symbolisch gestalteten Gefängnisses der Ideologien ist wenigstens ein schöner Kontrast zur Rokoko-Seligkeit des Münchner Cuvilliéstheaters.

Die nächsten Aufführungen sind am 17., 18. und 28. Oktober. Kartentelefon (089) 21 85 19 40.