München
Große Momente auch ohne große Effekte

Depeche Mode begeistern auf ihrer "Global Spirit €-Tour im Münchner Olympiastadion

11.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Synthie-Pop-Legende: Dave Gahan, Sänger der Band Depeche Mode, während des Konzerts beim Open Air im Münchner Olympiastadion. Rund 60 000 Besucher waren gekommen. - Foto: Prager/imago

München (DK) Es ist deutlich wärmer als beim Coldplay-Konzert einige Tage zuvor, und auch die Sicherheitskontrollen scheinen sich eingespielt zu haben. Es läuft sogar so reibungslos, dass der Beginn um 15 Minuten vorgezogen wird und The Horrors bereits um 19.30 Uhr loslegen können.

Die tun sich bei leichtem Regen mit ihrem noisigen Indie-Sound etwas schwer, die 60 000 Besucher, darunter auch Prominente wie Comedian Michael Mittermeier mit seiner Ehefrau Gudrun, in Wallung zu bringen. Der gelangweilt wirkende Garagen-Rock der Briten sorgt erst gegen Ende ihrer Show für Lichtblicke - der kleine Regenbogen über dem Olympiastadion auch.

Und auch die 1980 gegründete Synthie-Pop-Legende Depeche Mode braucht ein bisschen um die Fans zu motivieren, landet am Ende des Abends aber doch einen sicheren Sieg.

Mit großer, aber nicht allzu spektakulärer Lightshow und Farbgebilden auf den Leinwänden steigen die Klang-Innovatoren gleich mit zwei Songs vom aktuellen Erfolgsalbum "Spirit" ein. Die etwas sperrigen Titel zünden nicht so richtig, obwohl sich Sänger Dave Gahan und Gitarrist Martin Gore mit einem Instrument in Sternform und schwarz lackierten Fingernägeln gut ins Zeug legen, während Keyboarder Andy Fletcher den gewohnten Ruhepol im Hintergrund gibt.

Mit zunehmendem Bewegungsradius von Gahan und steigendem Bekanntheitsgrad der Songs gehen der Knoten und die Stimmung aber auf und es entstehen mitunter große Momente. Einer davon ist das emotional von Martin Gore mit engelsgleicher Stimme vorgetragene "A Question Of Lust". Seine Ergriffenheit ist nicht nur in den gequält wirkenden Blicken auf den großen Leinwänden sichtbar, man kann die Hingabe förmlich spüren.

Auch der 55-jährige Gahan ist voll und vor allem stimmlich gut dabei, wobei sich seine Hingabe eher in Popo-Wackeln und aberwitzigen Drehungen äußert. Pirouetten sind auch heute wieder seine Spezialität.

Pyros, Konfetti & Co und Ansprachen, außer einigen Floskeln wie "Ihr seid die Besten", gibt es nicht. Diese wegweisende Truppe, die von der Zeitschrift Q als "die beliebteste Elektronikband aller Zeiten" bezeichnet wurde, braucht aber auch keine großen Worte und überzogenen Effekte, um zu wirken. Es reichen mitunter markante Keyboardmelodien wie vom begeistert mitgesungenen "Everything Counts" aus dem Jahr 1983 oder bei "Enjoy The Silence" aus den 90ern, und man versteht die Brillanz dieser Band. Klassiker wie das sogar von Rammstein gecoverte "Stripped" und "Never Let Me Down Again" sind weitere Meilensteine des globalen Ruhms des Trios und sorgen für Ausgelassenheit in der Arena und auf den Rängen.

Die Hommage "Heroes" an den großen David Bowie erzielt dann dagegen erstaunlicherweise nicht den wohl erwarteten großen Effekt und verpufft geradezu in der Arena. "I Feel For You" und das mächtig groovende "Personal Jesus" machen aber eventuell verlorene Stimmungspunkte sofort wieder wett und bringen eine souveräne, stellenweise grandiose Performance nach über zwei Stunden sicher ins Ziel.