München
Geldofs irischer Jazz

19.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:46 Uhr
Bob Geldof im Bayerischen Hof in München. −Foto: Buchenberger

Von Martin Buchenberger München (DK) „Ich hasse Jazz“, meint Bob Geldof gleich zu Beginn seines Auftritts im Festsaal des Bayerischen Hofs im Rahmen des „Jazz Sommer“.

„Also spielen wir Irish Jazz“, schlägt der von der britischen Königin zum Ritter geschlagene Ire vor und legt mit seiner Band The Bobkatz lautstark los. Nachdem kurz zuvor im Atrium des Münchner Nobelhotels die Ausstellung „American Jazz Heroes“ eröffnet wurde, gibt sich Sir Geldof die Ehre. Für viele ist dieser ebenfalls ein Held, dank seines humanitären Engagements, das seinerzeit im von ihm organisierten Mega-Benefiz-Spektakel „Live Aid“ gipfelte. Aber mit Sicherheit keiner des Jazz.

Um kurz nach 19.30 Uhr kommt die Band die Treppe hinter der Bühne herab, Keyboarder Alan Dunn spielt dabei ein paar bayerisch anmutende Klänge auf dem Akkordeon, und dann steigen alle in den Irish Folk-Gassenhauer „The Great Song Of Indifference“ ein. Spätestens in der Mitte der krachigen Nummer wird klar, dass heute mit allem, nur nicht mit Jazz zu rechnen ist. Aber auch mit der zur Musik passenden, jedoch für den gediegenen Saal ungewöhnlichen Lautstärke.

Geldof singt Kaugummi kauend und mit geschlossenen Augen. Die öffnet er nur, wenn er Geschichten zu Songs aus seiner Solo-Karriere oder der gemeinsamen Zeit mit den Boomtown Rats erzählt. Aus der Ära der Boomtown Rats, einer der wichtigen New Wave Bands, hat er Bassist Pete Briquette mitgebracht, der zu Hits der Kult-Truppe ebenso beherzt in die Saiten greift wie der Frontman in die seiner akustischen Gitarre. Violinist Robert Loveday im trashigen Look mit einem Netzunterhemd über dem staatlichen Korpus ist dabei nicht nur musikalisch, sondern auch optisch eine wahre Schau.

Bob Geldof & The Bobkatz liefern klanglich stark ab, der Chef setzt immer wieder inhaltliche Akzente, wenn er beispielsweise den Boomtown-Rats-Hit „Banana Republic“ mit einer Betrachtung über Irland von damals und heute einleitet. Überhaupt kann er sich politische Kommentare ebenso wenig verkneifen, wie diverse Brexit-Seitenhiebe und gelegentliche herzhafte Flüche.

Das Publikum hat Spaß, auch wenn dieser zu Beginn meist sitzend ausfällt. Aber als Geldof zu „I Don’t Like Mondays“ das Sakko ablegt und im bunten Hemd weitermacht, steht der respektabel besuchte Saal. Weitere Boomtown-Rats-Klassiker wie „Mary Of The 4th Form“, „Rat Trap“ und „Diamond Smiles“ bringen endgültig alle auf die Beine und einige sogar zum „ungebührlichen“ Tanzen. Nach über 120 Minuten Folk, Pop und Punk steigt das famose Ensemble wieder die Stufen der Titanic erneut zu „The Great Song Of Indifference“ hinauf und hinterlässt überraschte, aber auch begeisterte „Passagiere“.

Anschließend gibt es im Night Club noch „richtigen“ Jazz mit Genre-Größen wie Mike Stern und Randy Brecker, aber der Sieger des Abends ist die irische Variante.