München
Fades Stück, langweilige Regie

"Das ferne Land" von Jean-Luc Lagarce im Münchner Volkstheater

05.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr

Todtraurige Geschichte: Mehmet Sözer (links) und Gregor Knop spielen in "Das ferne Land". - Foto: Neeb

München (DK) Was hat Christian Stückl, den ansonsten so kritischen und versierten Intendanten des Volkstheaters, und seinen Dramaturgen Nikolai Ulbricht wohl dazu bewogen, dieses Stück als Neuinszenierung an- und ins Repertoire aufzunehmen und dazu auch noch Nicolas Charaux mit der Regie zu beauftragen? "Das ferne Land" des französischen Autors Jean-Luc Lagarce (Jahrgang 1957) ist banal und geschwätzig, die Inszenierung platt und einfallslos.

Dabei ist das Thema dieses Stückes eigentlich sehr traurig, geradezu todtraurig: Der in Paris lebende Louis wurde von einem seiner früheren Freunde mit Aids infiziert. Er weiß, dass er bald sterben wird, weshalb er zusammen mit seinem gegenwärtigen Lebensgefährten eine Abschiedsreise zu seiner in der Provinz lebenden Familie, ins Titel gebende "Ferne Land", unternimmt. Weniger mit Betroffenheit und Trauer als mit gemischten Gefühlen wird er hier nach langer Abwesenheit empfangen: Louis' Mutter (Marie Goyette) überspielt ihre Anteilnahme mit nerviger Betulichkeit, sein Bruder (Silas Breiding) ist ihm gegenüber nur muffig und ruppig, da Louis sich so lange nicht hat sehen lassen, und dessen Ehefrau (Pola Jane O`Mara) weiß nicht so recht, wie sie mit dieser Situation umgehen soll. Einzig Louis' mit Optimismus und ansteckender Fröhlichkeit gesegnete Schwester (Luise Deborah Daberkow) bringt dem Todgeweihten Sympathie und Hoffnung entgegen.

In diesem von allen Beteiligten mit Angespanntheit absolvierten finalen Treffen und in filmischen Rückblenden werden, mit bunten Rummelplatz-Lichtergirlanden illuminiert, die unbeschwerten Jugendjahre, fröhliche Familienfeiern von einst und das ebenso schier unerschöpfliche wie peinlich präsentierte Humor- und Proletarier-Potenzial des inzwischen verstorbenen, jedoch wieder gegenwärtigen Vaters (Reinhard Winter) beschworen. Aber auch Louis' homosexuelle Freunde (Mehmet Sözer und Jonathan Hutter), teilweise auch schon von Aids hingerafft, tauchen als Lebende und als Tote in Filmsequenzen auf. Louis hat sich inzwischen von all den positiven wie negativen nostalgischen Reminiszenzen schon längst verabschiedet. Er nimmt die für ihn deprimierende Atmosphäre kaum mehr wahr. Doch die Gefühle seiner Familienmitglieder und seiner Freunde eskalieren unausweichlich und die Stimmung wird zum Schluss immer explosiver.

Ohne jegliche Spannung schleppt sich das eigentlich hochdramatische, betroffen machende Thema dieses Stückes von Jean-Luc Lagarce, der 1995 mit 38 Jahren selbst an Aids verstorben ist, bestenfalls als episches Theater über die Runden. Und der Regisseur Nicolas Charaux lässt im faden Bühnenbild (von Pia Greven) mit schwarzen Vorhängen und aufgerollten grünen Teppichen mit Kunstblumen darauf eine emotionslose und mit drei Stunden Dauer auch noch viel zu lange und ermüdende Aufführung abrollen. Und wenn Reinhard Winter als Louis' toter Vater als Schrebergarten-Fuzzi hier auferstehen darf, dann fühlt man sich nicht im ansonsten intellektuellen Münchner Volkstheater, sondern in eine triviale Aufführung des Chiemgauer Bauerntheaters versetzt. Einzig Gregor Knop in der Rolle des Louis, der mit seinem Leben abgeschlossen hat und am Ende all das Getue um ihn herum nur noch wie in Trance wahrnimmt, kann in dieser lahmen Aufführung überzeugen.

Die nächsten Vorstellungen sind am 7., 9., 14. und 18. März. Kartentelefon: (089)523 46 55.