München
Europas schönste Häuser

Eine Ausstellung im Deutschen Theatermuseum erzählt die Geschichte der Theater vom Hofschauspiel bis zum Parlament in Straßburg

23.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Foto: DK

München (DK) "Das Theater gehört allen." Diese Aussage des Theaterintendanten Wilfried Schulz, der gerade von Dresden nach Düsseldorf wechselt, klingt einleuchtend. Aber sie ist eigentlich revolutionär, sind doch viele Bühnen zunächst als Hoftheater gegründet worden, mit Logen für den jeweiligen Herrscher.

Heute dagegen dokumentiert eine gläserne Architektur wie im 2005 eröffneten Opernhaus von Kopenhagen die Demokratisierung der Gesellschaft. "Die Geschichte Europas - erzählt von seinen Theatern" heißt die von sechs Theatermuseen gemeinsam konzipierte Wanderausstellung, die derzeit in München gastiert.

Der "Eiserne Vorhang", der bis 1990 Europa teilte, ist heute Geschichte. Dieser Begriff, der politische Gegebenheiten umschreibt, stammt eigentlich aus dem Theater: Zu den Sicherungsmaßnahmen gegen Feuer gehören nicht nur Notausgänge und Brandmauern, sondern eben auch der "Eiserne Vorhang", der seit 1881 die Bühne vom Zuschauerraum trennt. Bis zu diesem Jahr war jedes Theater in Europa mindestens einmal abgebrannt, denn Holz, Stoff und Papiermaché sorgten schnell für ein Inferno. Höhepunkt dieser Katastrophen war am 8. Dezember 1881 der Brand im Wiener Ringtheater, bei dem fünfhundert Zuschauer den Tod fanden.

Seine Wurzeln hat das Theater im antiken Griechenland mit seinen Amphitheatern und dem ältesten erhaltenen Theaterstück "Die Perser" von Aischylos, 472 vor Christus aufgeführt. Entscheidende Impulse gab die Kirche mit ihren Spielszenen zu Ostern und Weihnachten, die ab dem 10. Jahrhundert im Rahmen von Gottesdiensten aufgeführt wurden. Im Barock wurden die religiösen Aufführungen und Passionsspiele immer beliebter, und nicht immer brauchte es dafür ein gebautes Theater - in Luzern wanderten 1583 die Zuschauer auf einem freien Platz von Bühne zu Bühne. Dass die Theaterleute auch Sprachgrenzen überwanden, zeigt ein Manuskript aus Slowenien mit Regieanweisungen auf Deutsch und in den Dialogen in der Landessprache. Und vor allem die Wandertruppen der Komödianten, die Vertreter der Commedia dell' arte, übersprangen mit Leichtigkeit die Grenzen von Ländern - die sogenannte "Narrentreppe", ein Fresco aus dem 16. Jahrhundert, in der Burg Trausnitz in Landshut gibt Zeugnis davon.

Aber es brauchte auch berühmte Charakter-Darsteller wie etwa Edmund Kean in England, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Erfolg seines "Drury-Lane-Theaters" garantierte.

Die Ausstellung, die durch mehrere europäische Länder tourt, kann keine Originale zeigen, bietet aber viel reproduziertes Bildmaterial. Vor allem macht sie ein europäisches Projekt bekannt, die "Europastraße Historische Theater". Drei Teilstrecken wurden in diesem Jahr eröffnet: die Schwarzmeer-Route, die Frankreich-Route und die Alpen-Route - weitere Strecken sind in Planung. Nicht zuletzt benennen die Kuratoren aus den sechs europäischen Theatermuseen das "größte Theater der Demokratie", nämlich das Europäische Parlament in Straßburg, denn "das Theater ist ein Laboratorium, das den Zustand der Gesellschaft sichtbar macht und mögliche Lösungen durchspielt".

Ein Schwerpunkt, den innerhalb dieser Schau die Münchner Station setzt, ist der Architekt Max Lithmann. Er hat ab 1888 die Stadt München geprägt, indem er nicht nur das Prinzregententheater und das Schauspielhaus baute, sondern mit den Kaufhäusern Tietz am Hauptbahnhof und Oberpollinger am Stachus auch städtebauliche Akzente setzte. Dass sein Neubau des Hofbräu-Hauses "münchnerischer" und älter wirkt als der abgerissene Vorgängerbau, liegt an den Renaissance-Zitaten seiner Architektur-Entwürfe. Gerade dieser Teil der Ausstellung stellt anhand von Originalen vor Augen, durch welche Kunstgriffe München zu der "gemütlichen" Stadt wurde, die alle Touristen heute schätzen. Dabei ist sein Spiel mit markanten Giebeln und Erkern nicht originale Bausubstanz des 16. Jahrhunderts, sondern eben nur das "Theater" eines raffinierten Architekten der Prinzregentenzeit.

 

Die Ausstellung im Deutschen Theatermuseum am Hofgarten in München ist bis 3. Oktober Di bis So von 10 bis 16 Uhr geöffnet.