München
Die Wahrheit wartet im Spiegel

Philipp Fürhofer aus Augsburg setzt für die Kunsthalle München Goethes "Faust" in Szene

22.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

Zwei Seelen, ach: Philipp Fürhofer (rechts, in seinem Atelier) ist Künstler und Bühnenbildner. Für das Faust-Projekt hat er die Ausstellung in der Münchner Kunsthalle und Schaufenster des Kaufhauses Beck gestaltet. ‹Œ - Fotos: Seyerlein/Mark

München (DK) Der Künstler Philipp Fürhofer aus Augsburg hat eine internationale Karriere gemacht. Für die Kunsthalle München übersetzt er jetzt Goethes "Faust" in sinnliche Bühnenszenen.

Ein Blick in seine Leuchtkästen sagt: Es gibt immer verschiedene Ebenen, und was man sieht, muss noch lange nicht der letzte Grund sein. Dahinter tut sich womöglich Weiteres auf. Und überhaupt, wo steckt eigentlich der Betrachter? Klammheimlich ist er ins Bild gerutscht. Das hat bei Philipp Fürhofer Methode, schon deshalb ist er für die neue Faust-Ausstellung der Kunsthalle so etwas wie der Joker.

Seit drei Jahren beschäftigt sich der Künstler mit dem Stoff, und man kann mit ihm über jedes noch so kleine Detail diskutieren. Der 35-Jährige ist aber nicht nur tief in Goethes Drama eingetaucht, er hat den vermeintlich trockenen Text in sinnliche Szenen umgesetzt. Denn in Fürhofers Brust wohnt eine zweite Seele: Der Wahl-Berliner arbeitet auch als Bühnenbildner, und das an großen Häusern wie der Nederlandse Opera in Amsterdam oder dem Londoner Covent Garden. Vor allem aber auch mit bedeutenden Regisseuren wie dem norwegischen Perfektionisten Stefan Herheim, für den er 2016 Tschaikowskys "Pique Dame" und bereits 2011 "Eugen Onegin" ausgestattet hat - am Pult stand jeweils Mariss Jansons.

Wohlmeinende Kollegen rieten Fürhofer gelegentlich, sich lieber auf eine Sache zu konzentrieren. "In vielen Fällen mag das ja sinnvoll sein", meint er, "doch für mich war bald klar, dass ich beides konsequent weiter führen will." Das heißt: ein, zwei Opernproduktionen im Jahr und dazu regelmäßig Ausstellungen. Letzten Herbst hat er die Eingangsrotunde der Frankfurter Schirn mit einer verblüffenden Installation aus halbtransparenten Spiegeln ausgestattet - reizvoller kann man ein Museumspublikum kaum ködern. Zuvor fiel Fürhofer mit seinen Leuchtkästen in der Münchner Galerie Sabine Knust auf, und erst vor einer Woche wurde seine jüngste Einzelausstellung in der Berliner Galerie Judin unter dem Titel "Walpurgisnacht" eröffnet. Man sieht also, was ihn gerade umtreibt. Aber das Schöne an seinen zwei Seelen sei doch auch, dass sie sich gegenseitig inspirierten, sagt er.

Trotzdem sind manchmal grundsätzliche Entscheidungen notwendig. Noch während der Schulzeit in Augsburg dachte Philipp intensiv über eine Karriere als Musiker nach, das ist am Gymnasium St. Stephan nicht abwegig, auch Komponist Wilfried Hiller, Popmusiker Andreas Bourani und der Cellist Maximilian Hornung gehören zu den Ehemaligen. Fürhofer hat Klavier gespielt, richtig gut sogar, schwärmen die Leute aus seinem Umfeld. Nur saß der junge Mann mit den vielen Talenten genauso im Klostergarten, um stundenlang Blumen zu malen.

Nach dem Abi hat sich die Kunst durchgesetzt, und mit dem Studium an der Berliner Universität der Künste war's dann auch mit dem Klavierüben vorbei. Fürhofer bedauert das sehr, allerdings sei die klassische Ausbildung gerade in der Opernarbeit ein Segen und die Musik jetzt mindestens so präsent wie früher. Anders eben. Und wenn nun das Gespräch wieder auf den "Faust" kommt, dann ist in der Kunsthalle nicht nur seine Erfahrung als Bühnengestalter gefragt - die Besucher sollen Teil von Goethes Theaterzauber werden -, sondern auch sein Gespür für die richtigen Klänge. In zwei Bereichen der Schau wird man Vertonungen des Stoffs hören wie etwa Ausschnitte aus Gounods "Faust"-Oper.

Man merkt schnell, dass Fürhofer ständig sein Publikum im Visier hat. Am Musiktheater sei für ihn das Wichtigste, dass es "ein guter, faszinierender Abend" wird. "Ich kenne so viele Kunstinstallationen auf der Bühne, die einfach nicht funktionieren", erklärt er, die reine Selbstverwirklichung habe hier nichts zu suchen. Wobei man keineswegs den Eindruck gewinnt, der Künstler Philipp Fürhofer müsse sich in irgendeiner Weise verbiegen. Im Gegenteil. Selbst am Marienplatz, in den Schaufenstern des Kaufhauses Beck, wo man Verkaufs-PR vermuten darf, hält er den Passanten den Spiegel vor. Flutsch, sind sie in seine Bilder gerutscht, diesmal über kostbare alte Künstlerrahmen. Und schon steht jeder einzelne mitten im "Faust"-Prolog. Mal sehen, ob das Lust aufs große Ganze in der Kunsthalle macht.

"Du bist Faust" ab heute in der Kunsthalle; Schaufensterinstallation zu Faust am Kaufhaus Beck am Münchner Marienplatz; "Beck ist Faust"-Lesung mit Klaus Maria Brandauer am 22. März, 17.30 Uhr, in der Musikabteilung, Anmeldung: event@ludwig-beck.de, Eintritt frei (Fortführung der Veranstaltung in der Kunsthalle, 20.30 Uhr, 20 Euro inkl. Eintritt).