München
Die Vermarktung von Australien

Ausstellung mit modernen Bildern der Aborigines im Münchner Museum Fünf Kontinente

19.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:56 Uhr

Grelle Farbpalette, historische Formensprache: Esther Giles' Bild "Kuruyurltu" aus dem Jahr 2015 wird in einer Verkaufsausstellung im Museum Fünf Kontinente gezeigt. - Foto: Matt Woodham, Tjarlirli Art

München (DK) Die sogenannte "Wüstenkunst" der australischen Ureinwohner genießt in Kunstkreisen große Anerkennung. Vielleicht, weil sich hier die ursprüngliche, rituelle Malerei der Aborigines mit der Entwicklung einer "freien" Kunst mischt und zudem die heutzutage entstehenden Werke zum Lebensunterhalt der Künstler und zum Erhalt ganzer Dorfgemeinschaften beitragen.

Eine aktuelle Ausstellung im Museum Fünf Kontinente zeigt aktuelle Leinwand-Bilder unter dem Titel "Ngaanyatjarra Lands - Aboriginal Art aus Westaustralien".

Die traditionelle Malerei Australiens zeigt das Land aus der Vogelperspektive. Punkt für Punkt setzen die Künstler Tupfer auf, bis die gesamte Maloberfläche gefüllt ist. Durch die Wahl der Farbe und die Richtungsänderung der Punkt-Reihen entstehen Muster, die natürliche Gegebenheiten abstrahieren. So markieren Kreise ein Wasserloch, Hufeisen symbolisieren eine Frau, andere Zeichen stehen für Fußabdrücke oder Bewegungen von Tieren im Sand. Die Zeichen und Symbole wurden ursprünglich bei bestimmten Zeremonien der australischen Kultur für Körperbemalungen und vergängliche Bilder im Sand verwendet.

Bereits 1994 wurde unter dem Titel "Traumzeit - Tjukurrpa" in München eine beeindruckende Schau von Leinwand-Bildern in der Villa Stuck gezeigt. Die damalige Leiterin Jo-Anne Birnie Danzker hatte eine Privatsammlung mit Werken von 34 Künstlern aus Zentralaustralien nach München geholt. Bereits ab Mitte der 1970er Jahre wurden solche Werke in Kunstkreisen zunehmend bekannt. Interessant ist, dass die damals gezeigten Werke mit Acrylfarben auf Leinwand gemalt worden waren, aber sich in der Farbwahl ganz eindeutig an den Pigmentfarben der australischen Erde orientierten: Ocker in allen Rot-Schattierungen, Schwarz wie die Asche des Feuers und Weiß - das waren die Farben dieser Bilder.

Ganz anders die Werke, die jetzt im Museum Fünf Kontinente von der Galerie "Artkelch" aus Freiburg gezeigt werden. Türkis, Pink und Metallic-Farben springen ins Auge - eine grelle Farbpalette überrascht den Besucher. Die Wanderausstellung wird in verschiedenen Städten Deutschlands gezeigt - nur in München ist sie in ein Museum eingebettet. Und dieses Haus besitzt zwar völkerkundliche Objekte aus Australien - die aber ruhen im Depot und werden nicht gezeigt. Dafür stehen die ausgestellten Bilder der Galerie zum Verkauf - die Preise variieren zwischen 500 und 9000 Euro; ein Teil des Erlöses soll den Bestand der Dorfgemeinschaften in Australien unterstützen.

Die Bilder wurden also "für den Markt" produziert - und während die traditionelle Malerei ursprünglich von Männern ausgeführt wurde, sind es jetzt Frauen, die in den Mustern teilweise noch an die Tradition anknüpfen, bei der Farbwahl aber neue Wege beschreiten.

Es ist einer Galerie freigestellt, Kunst aus entlegensten Winkeln der Welt zu handeln. Aber wer will erforschen, mit welchen Bildbänden und mit welchen Farbtuben die Händler zu den Künstlern reisen und sie damit beeinflussen? Kritische Besucher erwarten von einem Völkerkundemuseum immer einen Blick zurück auf die Tradition einer unverfälschten, "ursprünglichen" Kunst - das macht den Reiz dieser Häuser aus und das ist ihre ureigenste Aufgabe. Die Vermarktung von Kunst, die "für den Markt" produziert wurde, ist Sache einer Galerie, nicht eines Museums.

Bis zum 5. Juni im Museum Fünf Kontinente, Maximilianstraße 42, geöffnet täglich außer montags von 9.30 bis 17.30 Uhr.