München
Denkmal gegen Gewalt

Das NS-Dokumentationszentrum München zeigt den Grafik-Zyklus "Wie ein Totentanz" von Alfred Hrdlicka

11.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr

Mit Papier gegen den Militarismus: In den drei Grafiken reflektiert Alfred Hrdlicka unter dem Titel "Wie ein Totentanz" das Attentat auf Hitler 1944 und die Hinrichtung der Widerstandskämpfer. - Foto: Hrdlicka-Archiv

München (DK) Den nationalsozialistischen Todeskult stellt der Wiener Künstler Alfred Hrdlicka auf einer Grafik wie folgt dar: Rechts leuchten aus schwarzen Flächen der glänzende Stahlhelm eines Soldaten und der weiße Rauch der Opferschalen auf dem Münchner Königsplatz.

Und in der linken Bildhälfte werden Nackte in den schwarzen Schlund eines Ofens geschoben und rauchen schwarz die Schornsteine der Lager. "Aus den Statisten der Weihefestspiele waren Henker geworden", kommentiert der Künstler seine Grafik aus dem Zyklus "Wie ein Totentanz - Die Ereignisse des 20. Juli 1944". Winfried Nerdinger hat diese Grafiken jetzt für die Dauer einer Ausstellung in das NS-Dokumentationszentrum geholt. Er liest diesen Zyklus auch als "kritischen Kommentar zur deutschen Erinnerungspolitik". Alle Exponate sind Leihgaben aus dem Museum Morsbroich in Leverkusen und erstmals komplett in München zu sehen.

Der überzeugte Kommunist Hrdlicka, 1928 in Wien geboren, wo er Malerei, Druckgrafik und Bildhauerei studierte, setzt sich in diesen 53 Blättern mit den Wurzeln, den Auswüchsen und den Folgen des Militarismus auseinander. Und er tut es auf eine zugleich drastische und kunstvolle Art und Weise. Denn Hrdlicka ist ein Meister der Radierkunst, seine Arbeiten gelten als Hommage an die Kunst eines Francisco Goya und Otto Dix. So dunkel wie die Thematik, die Hrdlicka auswählte, ist auch in vielen Fällen die Szene gestaltet. Das beginnt bereits mit dem ersten Blatt "Casanova am Hof Friedrichs des Großen". Erzählerisch breitet der Künstler aus, wie ein Bediensteter mit der Zahnbürste einen unvollständig gereinigten Nachttopf des Königs reinigen muss - und stellt damit den Kadavergehorsam bloß, der in Preußen begründet wurde und sich in der nationalsozialistischen Ideologie fortsetzte. Somit gelingt es Hrdlicka, ein Gegenbild zu schaffen zu dem Flöte spielenden König bei Kerzenschein, wie ihn Adolf Menzel 1852 dargestellt hatte.

Das Kernthema des Zyklus ist jedoch das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 durch die Verschwörer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg und die Hinrichtung der Widerstandskämpfer. Blätter wie "Alltag in Plötzensee" und "Acht Zigaretten pro Hinrichtung" zeigen die Fleischerhaken, an denen die Männer aufgehängt und langsam durch Stahlseile stranguliert wurden. Das Grauen dieser Hinrichtung und die Würdelosigkeit, mit der man die entkleideten Männer zusätzlich bestrafte, hat Hrdlicka schonungslos und drastisch dargestellt. Wie gründlich er für jede Szene recherchiert hat, belegen die ausführlichen Kommentare zu jedem Blatt, die sowohl in der Ausstellung aushängen als auch im Katalog zitiert werden. Beides zusammen bildet ein Denkmal aus Papier gegen Militarismus und Gewalt.

Alfred Hrdlicka starb 2009 in Wien. Bekannt wurde er als Bildhauer durch sein Mahnmal gegen Krieg und Faschismus auf dem Albertina-Platz in Wien sowie durch sein unvollendet gebliebenes "Gegendenkmal" am Bahnhof Dammtor in Hamburg.

Bis 27. August im NS-Dokumentationszentrum München, Brienner Straße 34. Geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr.