München
Das große Morden

Andreas Kriegenburgs faszinierende Inszenierung von Shakespeares "Macbeth" im Münchner Residenztheater

15.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Blutiges Spektakel mit stillen Momenten: Thomas Loibl in der Titelrolle des Macbeth und Sophie von Kessel als Lady Macbeth im Residenztheater. - Foto: Dashuber

München (DK) In ein beklemmend düsteres Licht sind all die Szenen getaucht, und ein Rundvorhang, passend zum Stück meist in Blutrot, schließt die leere Bühne nach hinten ab. Doch in der Mitte erhebt sich ein monumentaler quadratischer Kubus, der sich drehen, heben und senken lässt. Eine vom Bühnenbildner Harald B. Thor entworfene Spielfläche in Schwarz, wie alles in dieser Inszenierung, auf der, symbolisch eingerahmt von den in den Boden gerammten Schwertern, das real blutige und in schrecklichen Halluzinationen gipfelnde Geschehen von Shakespeares Theaterstück abrollt.

Die Tragödie von Macbeth, dem siegreichen Feldherrn des Königs Duncan, dem von drei Hexen prophezeit wird, König von Schottland zu werden, nimmt seinen mörderischen Lauf: Macbeth ersinnt, getrieben von seiner Frau, teuflische Pläne, um an die Macht zu kommen. Und die Hexen sagen als Wahrsagerinnen Banquo, dem Heerführer der schottischen Truppen und Macbeths treuestem Verbündeten, voraus, Stammvater einer zukünftigen Königssippe zu werden. Weshalb nicht nur Duncan hingemeuchelt wird, sondern auch Banquo als Macbeths nun schärfster Konkurrent um den Königsthron. Das große Morden ist eröffnet.

In dramatisch inszenierten Szenen voll verwehter Elegie hat Andreas Kriegenburg dieses zweifellos schockierendste Dra-ma von William Shakespeare ohne jegliche Aktualisierungen oder billige Regiemätzchen auf die Bühne des Residenztheaters gebracht. Die Tragödie wirkt allein durch die Wucht des Geschehens und die großartigen schauspielerischen Leistungen im faszinierenden Kontrast zwischen den in Ästhetik schwelgenden Bildern und der blutrünstigen Handlung. Drei Stunden intelligentes Regie- und Schauspielertheater, wenn-gleich nach der Pause die rotierende Hebebühne als Symbol des Auf und Ab im Kampf der Intriganten, Speichellecker und Mörder durch zu häufigen Einsatz an Spannung verliert.

Trotzdem, diese Neuinszenierung bildet nach der Produktion von Schillers "Die Räuber" zweifellos den zweiten intellektuellen Höhepunkt im aktuellen Spielplan der Münchner Theater. Und das nicht nur wegen Kriegenburgs in kühle, ungemein eindringliche und eindrucksvolle Bilder getauchterb Regie und all der effektvollen Lichteinstellungen von Gerrit Jurda, sondern auch wegen der packenden und betroffen machenden Intensität der Darstellung durch die Schauspielerinnen und Schauspieler. Allen voran Sophie von Kessel in der Rolle der Lady Macbeth. Keine, wie üblich, geifernde Furie ist sie, die ihren Mann zu allen Taten und vor allem Untaten antreibt, sondern eine eiskalte Scharfmacherin. Eine restlos kaputte Psychopathin stellt sie dar, die in ihren Albträumen gefangen und von Wahnvorstellungen besessen ist. Vom selbsternannten Unschuldsengel über divengleiche Laszivität bis zur waidwunden Löwin spielt sie alle Facetten dieser Frau aus, die alle und alles ins Verderben stürzt. Ihr zur Seite und nicht minder beeindruckend verkörpert Thomas Loibl den mit männlicher Hybris vollgepumpten Macbeth, der durch Mord und Totschlag sein höchstes Ziel, den schottischen Königsthron zu besteigen, erreicht und dafür mit dem Leben bezahlen muss.

Dazu ragen aus dem 20-köpfigen Ensemble auch noch Arnulf Schumacher als der um Frieden bemühte König Duncan, Thomas Lettow als Banquo und René Dumont als Macduff, der Augenzeuge von Duncans Ermordung geworden ist und Rache schwört, sowie Hanna Scheibe als Lady Macduff besonders hervor. Und damit die Zukunft nicht der weiteren Eskalation der Verbrechen und des Mordens durch machtgierige Männer gehört, hat Andreas Kriegenburg die Rollen der Söhne von Duncan und Macduff als Zeichen der Hoffnung mit jungen Frauen (Mathilde Bundschuh und Pauline Fusban) besetzt. Das Premierenpublikum spendete lang anhaltenden Applaus.

Weitere Vorstellungen am 18. und 27. Januar sowie am 2., 17. und 18. Februar. Telefon (089) 21 85 19 40.