München
Bunt und rasant

"Herzogin von Chicago" im Deutschen Theater

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

München (DK) Das gab es noch nie: Noch nie wurde zum ungarischen Theaterfestival Poszt, das sich als Bestenschau der ungarischen Theater positioniert, ein Musiktheaterstück eingeladen. Was hier auf dem Spielplan steht, wurde aus 200 Premieren der Saison ausgewählt.

Entsprechend aufgeregt waren der Direktor des ungarischen Operettentheaters György LÅ‘rinczy und sein Team, als sie vor einigen Wochen ihr Stück für die Aufführung in die Container verfrachten. Das ganze Ensemble reiste zweihundert Kilometer südlich in das Städtchen Pécs nahe der kroatischen Grenze, wo das Festival dieses Jahr haltgemacht hat.

"Die Herzogin von Chicago" stammt aus der Feder des ungarischen Nationalkomponisten Emmerich Kálmán (1882-1953), welcher der k. und k.-Operette mit "Die Csardasfürstin", "Gräfin Mariza" und "Die Zirkusprinzessin" gleich drei ihrer Hauptwerke schenkte. Die vierte seiner Damen, jene amerikanische Zuwanderin, hatte es aber weitaus am schwersten, ihren Weg zum Bühnenerfolg zu finden. Trotz des guten Namens ihres Komponisten, ungeachtet der ohrwurmartigen, flotten und deutlichen Anklänge an Gershwin suchenden Musik war ihre Premiere in Wien 1928 kein Riesenerfolg. Der Plot mit seiner Verbrüderung von Ost und West, Tradition und Zukunft, Csárdás und Slowfox traf in einer Zeit des erwachenden Nationalismus' und aufkeimender Kriegslust den falschen Ton. Heute, im Ungarn von Ministerpräsident Viktor Orbán, schaut man wahrscheinlich nochmal ganz anders hin, wenn der abgebrannte und demoralisierte Erbprinz (Attila Dolhai) sich mit der amerikanischen Millionärstochter Mary Lloyd (Barbara Bordás) in den Haaren liegt, wenn er im dunklen Trachtengewand auf seinem Stammtisch beharrt, Schnaps trinkend die Jazzer aus dem Lokal verweist, während sie sich dann achselzuckend sein Schloss nebst Prinzen kauft. Doch am Ende immerhin schweben beide selig im Walzertakt.

Diese Produktion des Operettentheaters ist vor allem bunt und rasant, gekonnt gesungen und getanzt. Dass die Regie nicht ganz heutigen und hiesigen Sehgewohnheiten entspricht, wird vor allem jene freuen, die der großen, süßen Bonbonniere einer Operetten-Inszenierung noch nie widerstehen können. Viel bunter Glitzer, ein genüsslich auskostender Erzählton und klare Fronten zwischen Mann und Frau, Tragik und Komik: Hier kann man sich vom Regietheater und anderen Zumutungen mal gründlich ausruhen. Der Jury gefiel die Vorstellung der Budapester bei dem ungarischen Theatertreffen übrigens.

Das Gastspiel des Budapester Operettentheaters am Deutschen Theater ist an fünf Terminen zwischen 6. und 9. September zu sehen. Karten gibt es bei den DK-Geschäftsstellen.