München
Ausgefallene Instrumente und eine besondere Stimmung: Haindling begeistern Publikum beim Tollwoodfestival

06.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

»Es geht wieder auf« heißt Haindlings aktuelle Tour. Der Auftritt auf dem Tollwood-Festival war ein Heimspiel. - Foto: Limmer

München (DK) Mit Haindling und dem Publikum auf dem Tollwood-Festival scheint es zu sein wie in einer perfekten Liebesbeziehung: Man altert gemeinsam, doch die Faszination füreinander lässt auch nach der silbernen Hochzeit nicht nach.

Bei ihrem jüngsten Auftritt entlassen Hans-Jürgen Buchner und seine fünf Musiker ihr Publikum wie gewohnt glücklich in die laue Sommernacht. Aber der Reihe nach: Die Auswahl der Lieder ist keine Überraschung. Ziemlich früh stimmt Buchner „Paula“ an, die Titelmelodie aus der Fernsehserie „Zur Freiheit“, und das Publikum klatscht erstmals im Rhythmus. Nicht erst jetzt ist das Eis zwischen Buchner und seinem Publikum gebrochen. Der 70-jährige Niederbayer hat mit seiner Natürlichkeit eine starke Bühnenpräsenz. Er tritt auf, wirft ein paar Kusshände ins Publikum und begrüßt die Fans. Man kennt sich, und das vereinzelt wahrscheinlich wirklich persönlich.

„Es geht wieder auf“ heißt Haindlings aktuelle Tour, genauso wie ein Song von der 1992 erschienen Platte „Speck“. Doch Haindling sind weit davon entfernt, dass ihre Konzerte recycelt wirken. Auch wenn ihrem Frontmann als Umweltschützer der Grundgedanke durchaus gefallen dürfte; nur eben nicht bei der Musik. Haindling servieren ihrem Tollwood-Publikum einen virtuosen Musik-Cocktail, den Bandchef Buchner mit Geschichten garniert, die arglos beginnen und den Zuhörer umso nachdenklicher zurücklassen. Den Handy-Wahn der Gesellschaft, den Chemie-Keks einer Fluggesellschaft, das Freihandelsabkommen TTIP oder die Verschwendung von Rohstoffen prangert Buchner an.

Rhythmische Einlagen wie die des „Müllsack-Orchesters“ oder ein mehrminütiges Solo des Bassisten bei „Du Depp“ lockern das Programm auf und bringen die Zuhörer ob so viel musikalischer Virtuosität zum Staunen. Bei Haindling klingt auch die gesungene Zutatenliste des Chemie-Keks gut. Musikalisch bleiben sich Buchner und seine Kollegen treu. Mit zum Teil ausgefallenen Instrumenten mischen sie Stilrichtungen und kombinieren Intrumente zum Haindling-Sound.

Das Konzert verliert zu keiner Minute an Fahrt. Buchner singt, klatscht, springt und gestikuliert auf der Bühne. Die Hochsommerhitze scheint ihm nichts anhaben zu können. Mit der Haindling-Hymne auf Bayern endet das Programm. Wer nach zwei Stunden dachte, nach ein, zwei Zugaben wäre das Konzert zu Ende, wurde eines Besseren belehrt. Zuerst saß Buchner alleine am Piano. Er erzählt von einem Treffen mit Ministerpräsident Horst Seehofer. Buchner, der sich für eine frei fließende Donau einsetzt, sang ein Lied gegen den Donauausbau zur Melodie von „What A Wonderful World“. Angeblich habe den Landesvater das Lied so bewegt, dass er den Ausbau stoppte.

Nach einem kurzen Maultrommel-Erklärstück sowie den Klassikern „Irgendwie und sowieso“, „Lang scho nimma g’sehn“ und „Rote Haar“ schließt Hans-Jürgen Buchner einen unterhaltsamen Abend mit einem „Seid’s freindlich!“. Und aus hunderten Kehlen schallt ihm ein „Jawoi!“ entgegen. Das Publikum versteht Haindling und nach so langer Zeit vielleicht sogar noch viel besser.