München
Aus ganzem Herzen unglücklich

Die "Addams Family" ist derzeit am Deutschen Theater in München als Musical zu sehen

17.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:28 Uhr

Familie geht über alles - auch wenn keiner weiß, wer eigentlich mit Oma verwandt ist: Die Addams Family steht zusammen (vorne Edda Petri als Morticia und Uwe Kröger als Gomez). Das Broadway-Musical ist noch bis 26. März in München zu sehen. - Foto: Brill/Deutsches Theater

München (DK) "Are you unhappy, darling" - "Yes, completely! € Das düster gewandete Pärchen, das diesen Dialog aneinandergekuschelt führt und sich dabei verliebt anhimmelt, hat sich vor fast achtzig Jahren der US-amerikanische Zeichner Charles Addams erdacht.

Hierzulande sind seine feingezeichneten Cartoons jener Familie, die sogar seinen Namen trägt, weit weniger bekannt, als ihre Aufgüsse in Realverfilmungen und Zeichentrick. Weltweit kennt man den so schlichten wie heißblütigen Vater Gomez, die tüdelige Hexen-Oma, den Zeitlupen-Butler in Frankenstein-Optik, den stets Bomben konstruierenden dicklichen Sohn und eine Tochter, welche als Prinzessin der Finsternis morbiden Gelüsten nachgeht. Diese antimoralische, unsterbliche Monsterfamilie wird zusammengehalten von der dunklen Schwester einer Barbiepuppe: Mama Morticia, purer Sex in blutleerer Schönheit, vor einem Vierteljahrhundert legendär verkörpert von Anjelica Huston.

In München ist die Addams Family derzeit zu Gast im Deutschen Theater in einer Musicalproduktion aus Merzig im Saarland, die auf ihrem Weg nach Berlin an der Isar Zwischenstopp macht. Dass das Publikum schon nach wenigen Takten zu klatschen und zu schnipsen beginnt, ist dem füßezuckenden Stil des amerikanischen Allrounders Andrew Lippa zu verdanken, der Musik und Liedtexte geschrieben hat. Er hat gemixt, was Spaß macht: Düstere Bruckner-Melodik geht im Walzer auf, Rumba, Twist und Tango wirbeln vorbei, mit großer Geste grüßt die Filmmusik des Horrorgenres die Schlager der wilden Zwanzigerjahre. Hier passt, was nicht zusammenpasst.

Die Addams füttern ihre fleischfressende Zimmerpflanze mit Hausratten. Man isst genussvoll Ungenießbares und trachtet einander stetig nach dem Leben, schätzt aber klare Regeln und ist sich in fröhlichem Sadismus zugetan. Denn hinter aller Exzentrik steckt eine spießige Idealfamilie. Die Story will, dass sich Töchterchen Wednesday (stimmlich wie darstellerisch grandios: Marianne Curn) verliebt, plötzlich Kaninchen "süß" findet, Bananensplit und Picknick mag. Sie träumt die große Liebe, die das Aufessen des Anderen durchaus nicht ausschließt. Das Zusammentreffen ihres Auserwählten, Lucas Beinecke, und seiner (scheinbar) kleinbürgerlichen Eltern mit den Addams bildet den recht vorhersehbaren der Plot des Abends.

Die Besetzung ist gut: Der samtstimmige Onkel Fester (Oliver Mülich) kann sogar mit dem Mond tanzen, Pugsley (Noah Walzuch) punktet mit glockenklarem Knabensopran und Mutter Beinecke (April Hailer) ist in ihrer der Rolle als verdruckte Hausfrau, die die Liebe schon aufgegeben hat, eine Wucht. Musicalstar Uwe Kröger, Zugpferd der Produktion, ist als dezent schmieriger Gomez auch im komischen Fach ein Profi, bei welchem jeder Schritt sitzt, jede Geste souverän punktlandet, auch wenn nicht mehr jeder Spitzenton kommt. An seiner Seite brilliert Morticia (Edda Petri), hinter deren imposantem Dekolleté ein spießiges Mutterherz schlägt. Schade nur, dass am Premierenabend einiges schief- ging, jemand gut sichtbar hinter dem Rundhorizont Dehnübungen machte, die Microports verrücktspielten und sich Umbauten verzögerten. Diese Addams könnten mehr.

Bis 26. März im Münchner Deutschen Theater, Dienstag bis Freitag jeweils 19.30 Uhr, am Samstag um 15 und 19.30 Uhr sowie Sonntag um 14.30 Uhr, Telefon (089) 55 23 44 44.