Mit Jerry Cotton unter der Bettdecke

22.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:47 Uhr

Autorin Felicitas Mayall liest morgen Abend in Pfaffenhofen aus ihrem neuen Buch. - Foto: oh

München/Pfaffenhofen (DK) Sie ermittelt in München, er in Siena. Und wie es das Schicksal in Felicitas Mayalls Romanen so will, klären Laura Gottberg und Angelo Guerrini länderübergreifend auch gemeinsam Verbrechen auf.

Nun ist der sechste Band "Die Stunde der Zikaden" erschienen. Die Schriftstellerin, von Haus aus Journalistin, kommt morgen um 20 Uhr zu einer Lesung in die Buchhandlung Pesch am Hauptplatz 19 in Pfaffenhofen, um ihr neues Buch rund um Kunstschmuggel, verhinderte Urlaubsentspannung in Italien und Reisen in die Vergangenheit vorzustellen. Mit der italophilen Autorin, die neben den Krimis an einem Roman, der in Indonesien spielt – wo sie in den 60er Jahren einmal gelebt hat – arbeitet, hat sich unsere Redakteurin Katrin Fehr über Beziehungen, Berlusconi und das Lesen unter der Bettdecke unterhalten.

Wie kommt es, dass Gottberg und Guerrini nach Bänden der kurzen Begegnungen und langen Telefonaten nun einen ganzen Roman gemeinsam verbringen dürfen?

Felicitas Mayall: Die beiden haben Urlaub gebraucht. Gemeinsam. Den wünschen sie sich schon lange. Sie hatten eine "Auszeit" nötig. Das habe ich ihnen nun zugestanden. Außerdem habe ich auf Lesungen und per Zuschriften immer wieder zu hören bekommen, dass die Liebe zwischen den beiden doch nun bitte Fortschritte machen sollte.

Was bekommen Sie noch für Feedback?

Mayall: Erst kürzlich hat mir eine Leserin vorgeschlagen, doch ein Kochbuch über die beiden, die doch so gerne gut essen, zu schreiben. Mir wurde aber auch schon ans Herz gelegt, dass die so geliebten Väter der beiden nie sterben dürfen.

Ihre Romane leben auch von den dichten Beschreibungen Italiens. Ferien für Ihre Figuren bedeutet auch Inspirationsaufenthalte für Sie?

Mayall: Ja, natürlich. Wenn auch nicht immer unmittelbar. Ich habe viel Zeit in diesen Gegenden verbracht. Und ich nehme Atmosphäre, Landschaft, Stimmungen, Geräusche und Gerüche sehr intensiv wahr. Ich muss sie mir nicht notieren, sondern speichere sie und kann sie während des Schreibens abrufen.

Und die Inspiration zu den Fällen?

Mayall: Ich lese unheimlich viel Zeitung und habe zu Hause auch italienisches Fernsehen, aber nur die staatlichen Sender, die privaten sind einfach unglaublich. Mit all diesen blonden, aufreizenden Frauen. Ich konzentriere mich auf bestimmte Themen und freue mich grundsätzlich an den skurrilen Geschichten und an der Politik in Italien.

Obwohl man sich über manches ja häufig vor Verwunderung die Augen reibt.

Mayall: Das stimmt. Aber die Geschichten sind auch ganz einzigartig. Zum Beispiel Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seine Frauen. Oder ich finde auch, dass der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa wie ein Teufel aussieht und sogar so spricht.

Das alles trübt Ihre Liebe zu Italien nicht?

Mayall: Nein. Denn es gab dort schon immer Chaos und Optimismus. Die Italiener mussten sich im Lauf der Geschichte immer mit schrecklichen Dingen arrangieren. Das beherrschen sie, das ist ihnen wohl in die Gene übergegangen.

Der Krimi-Boom auf dem Buchmarkt lässt nicht nach. Warum greifen Leser so gerne zu Krimis?

Mayall: Die Literaturform passt zur Zeit, die wie auf anderen Gebieten schnelllebig ist. Im Krimi gibt es Spannung, Unterhaltung, Angst, Beziehungen, Familiengeschichten und Welterklärungen. Alles, was man haben will. Und es gibt jemanden, der aufräumt und Ordnung schafft, auch wenn ich meinen Lesern diesen Gefallen nicht immer tue.

Und was reizt Sie als Autorin am spannenden Genre?

Mayall: Es ist sehr vielseitig. Man kann Gesellschaftskritik, Beziehungs- und Liebesgeschichten und psychologisches Drama hineinpacken. Ich habe schon immer gerne Krimis gelesen. Als Jugendliche etwa Jerry Cotton unter der Bettdecke. Später dann Janwillem van de Wetering. Es gibt so wunderbare Kommissare wie auch Montalbano von Andrea Camilleri. Gerne habe ich anfangs auch Donna Leon gelesen, wobei ich inzwischen finde, dass sich der gute Brunetti einmal weiter entwickeln sollte.

Würden Sie bitte den Satz vollenden: Italien ist für mich . . .

Mayall: . . . die Essenz von Lebendigkeit, Kultur, Chaos, Ärger und Freude. Es ist alles.