Marching
Reich der Feen und Elfen

Werke von Grieg, Bizet und Saint-Saëns im Steinbruch Marching

16.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Reinhold Furtmeier leitet das Kammerorchester St. Laurentius. - Foto: Erl

Marching (DK) Die Serenade im Steinbruch bei Marching (Neustadt/Donau, Landkreis Kelheim) bleibt ein so faszinierendes wie außergewöhnliches musikalisches Sommerschmankerl. Selbst wenn die Temperaturen dieser Samstagnacht im Juli auf zwölf Grad sinken, wenn sich die Gitarren-Solisten zwischen den Takten ihre Finger warmreiben und sich die Zuhörer in warme Decken kuscheln.

Doch das Erlebnis, klassische Musik durch ein 35-köpfiges Kammerorchester in der Naturarena eines aktiven Steinbruchs unter offenem Sternenhimmel serviert zu bekommen, entschädigt für vieles.

"Man kann nicht alles haben. In Oslo hat es heute die gleichen Temperaturen wie hier in Marching", stimmt Regionaldekan Johannes Hofmann als Moderator demonstrativ in Wollmütze und Schal die mehrere Hundert Zuhörer auf das Programm ein. Diesmal steht es in seiner zwölften Auflage unter dem Motto "Von fernen Ländern und Menschen". Es ist eine musikalische Reise in alle vier Himmelsrichtungen und beginnt mit vier Szenen aus der "Holberg-Suite" von Edvard Grieg. Den Fahrplan dazu hat Reinhold Furtmeier als Leiter des Kammerorchesters St. Laurentius entwickelt. Ebenso wie seine 35 Musikerinnen und Musiker auf den gewaltigen Steinblöcken vor der senkrechten, von Riefen und Auswaschungen durchzogenen Felswand ist auch der Musiklehrer am Gabelsberger-Gymnasium in Mainburg kein Berufsmusiker. Alle jedoch sind ausgebildete Instrumentalisten, die auf hohem Niveau wirken.

Den Beweis treten sie mit der Interpretation der nordischen Mystik an, die Grieg in seine Komposition gelegt hat. Furtmeier lässt die Schwermut vom Rande des Polarkreises bedächtig aus der Gruppe der Geigen heraus entwickeln, von Cello und Kontrabass weiter unterfüttern und den Klang beseelt ins Reich der Feen, Elfen und Trolle tragen. Kaum ein passenderer Ort als die zerklüfteten Wände des Steinbruchs mit ihren unzähligen Spalten in die Tiefe der Erde kommt dieser in Musik gefassten schwermütigen Zauberwelt näher.

Der Schwenk vom Norden in den Westen zur L'Arlésienne-Suite von Georges Bizet könnte nicht augenfälliger sein. Das Orchester tauscht die demütige Mystik rasch gegen die heitere Lebensfreude Frankreichs. Aus der ergriffen-atemlosen Stille über dem Areal führt Furtmeier sein Ensemble mit einem betörend kraftvollen Auftakt aus den Reihen der Streicher und Bläser mit mächtiger Klangfülle und aufwühlender Dynamik zu einem fesselnden Natur- und Musikschauspiel. Und wieder sind es die kalkweißen Steinquader des Steinbruchs, die diesem Hörerlebnis ihren ganz besonderen Erlebniswert beisteuern.

Für die beiden Gitarre-Solisten Jürgen Faderl aus Neutraubling und den Mexikaner Edgar Ocampo ist die Temperatur bei ihrer Reise in den Süden nach den Tönen des italienischen Komponisten Mario Castelnuovo-Tedesco in seinem Konzert für zwei Gitarren und Orchester, op. 201, inzwischen zur Herausforderung geworden. Dennoch aber büßen ihre Finger angesichts der Kühlschranktemperaturen nichts von ihrer Schnelligkeit und Sensibilität beim raschen Tanz über die Saiten ein. Das Orchester unterfüttert ihre mexikanisch akzentuierten Klänge mit der notwendigen dezenten Zurückhaltung.

Zum Finale entführt Furtmeier seine Zuhörer mit den Noten von Camille Saint-Saëns in die Atmosphäre "Auf einem persischen Markt" und in die festliche Ausgelassenheit einer "Bacchanale" aus der Oper "Samson und Delilah". Es sind jene überschwänglich-euphorischen Klänge, die noch einmal die Kraft des Abends bündeln, dabei die kribbelnde Aura an so einem ungewöhnlichen Konzertort reflektieren und das Publikum trotz Kälte und Mücken zu anhaltendem Applaus anstacheln.